Zustellbett-Horror, der (m.)

Ein Essay von Petra Winter

Drama vorprogrammiert (Illustration: Hassan Kerrouch)

Sind diese Metallpritschen für mitreisende Kinder wirklich ernst gemeint? Ein Plädoyer an alle Hoteliers, darüber ernsthaft nachzudenken

Neulich in einem wunderschönen, von Paola Navone neu gestalteten Hotel in der Toskana: Beim Betreten der Suite freuen wir uns über die hohen, weißen Holzdecken, den weiß gekalkten Boden, das maßgefertigte Mobiliar, die frei stehende Badewanne unter einem opulenten Lüster, die Galerie mit dem leinenbezogenen Kingsize-Bett – und ein Abendessen im angeschlossenen 2-Sterne-Lokal. Welche Pracht! Da mein Mann und ich mit Kind anreisen, brauchen wir ein Extrabett – und voilà, da steht es unter dem Treppenaufgang zur Galerie mit dem Elternbett. Ein Metallgestell, wie man es aus Gefängnisszenen kennt. Die Matratze ganze fünf Zentimeter hoch. Beim Draufsetzen quietscht es zur (Noch-)Erheiterung aller jämmerlich.

Und ich sehe schon das Drama vor mir, dass nicht der Elfjährige in diesem Bett schlafen wird, sondern mein 1,90 Meter großer Mann, da „der Kleine“ nachts gern noch ins Elternbett wandert. Genau so kommt es. Schlechter Schlaf, schlechte Laune und die Frage: Wie um alles in der Welt kann ein 5-Sterne-Hotel so eine Schlafgelegenheit anbieten? Es ist nicht das erste und sicherlich auch nicht das letzte Mal, dass wir solche Zustellbetten-Dramen erleben. Oft sind die Kinderschlafplätze ausgezogene Couches mit bretthartem Matratzenkern oder zu einem Bett umfunktionierte „Bänkchen“, die eigentlich zum Ablegen des Morgenrocks gedacht sind.

Wir haben es aber auch schon anders erlebt. Smarte Ideen, die sowohl den Eltern als auch den nachts oft ängstlichen Kindern Freude bereiten. Im „Priesteregg“ im österreichischen Leogang bekommen die Kleinen ein Hochbett, das in einer wunderschönen, verglasten Ecke des Master Bedrooms eingebaut wurde. Man kann nachts die Sterne und tagsüber von dort die Berge bewundern. Oder im „One & Only Portonovi“ in Montenegro, wo Kids auf einer abgedeckten und mit einer ordentlichen Matratze belegten Badewanne nächtigen. Natürlich ist das Bad eine Art Spa-Tempel, die Badewanne vor einer verglasten Front mit Blick aufs Meer. Kinder haben ihre Privat­sphäre und sind trotzdem nah bei den Eltern. Well done.

Happy kids = happy parents – diese Gleichung haben viele Hotels noch nicht verstanden, was ich verwunderlich finde. Denn nichts ist ­anstrengender, als nächtliche Wan­derungen und unausgeschlafene Gäste. Darum an dieser Stelle ein Plädoyer an alle professionellen ­Gastgeber*innen: Überlegt euch was! Kinder lieben Alkoven, weil sie sich dort beschützt fühlen. Sie haben Spaß an Hoch- und Hängebetten. Und Eltern freuen sich, wenn sie sehen, dass ihr Nachwuchs ­wertgeschätzt wird.

Autorin und Chedfredakteurin Petra Winter gibt zu, dass sie selbst noch nie auf einer derart unbequemen Schlafgelegenheit genächtigt hat, wenn das Kind ins elterliche Bett wanderte. Bisher hat ihr Mann das heroisch übernommen.