"Frauen werden viel schneller über ihr Aussehen definiert" - Tijen Onaran im Interview

Ein Interview von Jasmin Weinberger

Tijen Onaran ist Unternehmerin, Investorin, Bestseller-Autorin und gehört zu Deutschlands wichtigsten Meinungsmacherinnen. (Foto: Liesa Fuchs)

Mutig, selbstbestimmt und voller Energie: Tijen Onaran im Interview über Mut, Scheitern und Selbstbestimmung

Im exklusiven Interview sprechen wir mit Tijen Onaran über ihre Definition von Mut, die täglichen Herausforderungen als Selbstständige und warum es so wichtig ist, sich von gesellschaftlichen Erwartungen zu lösen.

MADAME: Du bist Unternehmerin, Autorin und Investorin - und gehst mutig deinen eigenen Weg. Ende des Jahres führt dieser dich sogar auf die Bühne, um auf Tour dein Buch „Be your own fucking Hero“ zu promoten. Was verstehst du eigentlich unter Mut?

Tijen Onaran: Mut zeigt sich für mich in den kleinen, aber auch in den großen Momenten. Oft denken Menschen, dass es immer einen großen Mut-Moment im Leben braucht – zum Beispiel, den Job zu kündigen oder den Partner zu verlassen. Aber für mich sind die wahren Mut-Momente die des Alltags. Manchmal ist es mutig, einfach rauszugehen oder den Hörer in die Hand zu nehmen, wenn man introvertiert ist. Oder sich endlich ein Social-Media-Profil anzulegen, um sich stärker zu vernetzen. Mut lässt sich lernen, und er zeigt sich oft in diesen kleinen Momenten.

Die Unternehmerin hatte bereits viele große (und kleine) Mut-Momente. (Foto: Liesa Fuchs)

MADAME: Mut und Scheitern sind oft eng verbunden. Was war dein größtes Scheitern und wie hat es dich geprägt?

Tijen Onaran: Als Selbstständige scheitere ich jeden Tag. Es gibt immer wieder Momente, in denen die Dinge nicht so laufen, wie ich es mir vorgestellt habe. Ein Kunde sagt ab oder ein Talent entscheidet sich gegen mich als Arbeitgeberin. Aber das macht für mich Unternehmertum aus: sich von diesen Rückschlägen nicht abbringen zu lassen, sondern sie als Antrieb zu sehen. Was mir hilft, ist ein Erfolgstagebuch. Ich notiere, was ich erreicht habe, sei es eine kleine Sache wie Laufen gehen oder ein großes Projekt. Das hilft, sich der eigenen Erfolge bewusst zu werden.

MADAME: Wenn du deinem 25-jährigen Ich einen Rat geben könntest, was würdest du ihm mit auf den Weg geben?

Tijen Onaran: Lass dich nie von deinen Träumen abbringen. Es werden immer Menschen kommen, die sagen, dass du zu groß denkst oder dass du etwas nicht schaffst. Aber es ist wichtig, auf sich selbst zu hören und sich nicht von diesen Stimmen beeinflussen zu lassen. Es geht nicht darum, einen bestimmten Traum zu erfüllen, sondern darum, seine eigenen Schritte zu manifestieren. Hätte ich auf die Kritiker gehört, wäre ich heute nicht dort, wo ich bin.

MADAME: Viele Frauen stehen vor der Herausforderung, sich zwischen Karriere und den Erwartungen der Gesellschaft zu entscheiden. Was rätst du Frauen, die Business machen wollen und dabei mit gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert werden?

Tijen Onaran: Es wird immer Bewertungen geben, egal, was du machst. Der wichtigste Schritt ist, sich davon freizumachen und sich klarzumachen: Du lebst dein Leben nicht, um andere zufriedenzustellen. Es geht darum, für sich selbst fein zu sein und das Leben so zu gestalten, dass es dir Freude bereitet. Ob du Karriere machst oder dich für die Familie entscheidest – es ist dein Leben, und du bist diejenige, die damit glücklich sein muss. Diese Form der Selbstbestimmung ist das Wichtigste.

Frauen supporten Frauen beim Elmira Rafizadeh Store Opening in Köln. (Foto: Andreas Rentz)

MADAME: Du setzt dich viel für Frauen in der Öffentlichkeit und im Business ein. Warum dreht sich der Erfolg von Frauen in der Öffentlichkeit oft um Äußerlichkeiten?

Tijen Onaran: Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, dass Äußerlichkeiten thematisiert werden: Ich liebe Ästhetik und Lifestyle – wenn ich sehe, dass jemand toll aussieht, bin ich die Erste, die ein Kompliment macht. Aber das Problem ist, dass bei Frauen oft andere Maßstäbe angelegt werden als bei Männern. Nehmen wir die Politik: Wenn Annalena Baerbock am Strand ein Kleid trägt, gibt es ein riesiges Medienecho, während man sich bei Männern wie Robert Habeck oder Christian Lindner kaum Gedanken über deren Kleidung macht. Das zeigt diese Doppelstandards. Frauen werden viel schneller über ihr Aussehen definiert, oft auch sexualisiert, und das betrifft nicht nur prominente Frauen.

MADAME: Was rätst du Frauen, um dem entgegenzuwirken?

Tijen Onaran: Ich bin ein großer Fan von digitaler Solidarität. Besonders auf Social Media sollten wir Frauen uns nicht nur feiern, wenn alles gut läuft, sondern auch unterstützen, wenn es schwierig wird. Ich habe es oft erlebt, dass Frauen aus meiner Community mir beigestanden haben, wenn ich angegriffen wurde. Das ist für mich wahres Female Empowerment: füreinander da sein, besonders in schwierigen Zeiten.

MADAME: Hast du ein Beispiel, bei dem du digitale Solidarität besonders stark erlebt hast?

Tijen Onaran: Es gibt immer wieder Momente, in denen Frauen online stark angefeindet werden. Da ist es wichtig, dass wir aufstehen und die Betroffenen unterstützen. Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich auf einer Veranstaltung war und es über eine Frau hergezogen wurde, die nicht anwesend war. Ich kannte die Frau nicht, aber ich habe die Gruppe darauf aufmerksam gemacht, wie unfair es ist, so über sie zu sprechen. Oft reicht es, so eine Perspektive einzubringen, um anderen klarzumachen, wie verletzend ihr Verhalten ist.

Tijen auf dem Female Role Model Lunch by Barbie In Berlin. (Foto: Franziska Krug)

MADAME: Du gehst bald auf große Live-Tour. Was erwartet die Besucherinnen dort?

Tijen Onaran: Es ist für mich ein großer Traum, auf Tour zu gehen. Die Idee ist, nicht nur eine klassische Lesung zu machen, sondern die Menschen mit meiner Geschichte zu inspirieren. Ich werde von meinen persönlichen Erfahrungen berichten, von den Höhen und Tiefen meines Lebens und von den Dingen, die ich anderen Frauen weitergeben möchte. Mein Wunsch ist, dass die Besucherinnen nach der Show mit dem Mut nach Hause gehen, ihre eigenen Träume zu verfolgen und vielleicht sogar das kalte Wasser zu springen – sei es, um sich selbstständig zu machen oder beim Chef eine Gehaltserhöhung zu verhandeln.

MADAME: Für wen ist diese Tour besonders geeignet?

Tijen Onaran: Die Tour ist für alle Menschen gedacht, die etwas in ihrem Leben verändern wollen. Egal ob privat oder beruflich, ob du dich mehr vernetzen möchtest oder einen neuen Lebensweg einschlagen willst – es geht darum, den eigenen Mut zu finden und zu stärken. Das ist für jede und jeden relevant, der seine eigene Power entdecken und stärken möchte.

MADAME: Richtet sich die Tour nur an Frauen oder können auch Männer daran teilnehmen?

Tijen Onaran: Letztes Jahr bei einer Veranstaltung habe ich im Publikum Menschen aus allen Generationen und Geschlechtern gesehen – von Müttern und Töchtern bis hin zu Männern, die sich ebenfalls für die Themen interessiert haben. Jeder, der den Wunsch hat, mutiger zu werden und das eigene Leben in die Hand zu nehmen, ist herzlich willkommen.

Alle Termine und Tickets zur Tour von Tijen Onaran finden Sie hier.

Ihre bevorstehende Tour verspricht, ein Event voller Energie und Empowerment zu werden – ein Muss für Alle auf der Suche nach mehr Mut. (Grafik: Ingrid Hartmann)