Tierbeobachtungsbelustigung, die (f.)

Ein Essay von Susanne Stefanski

Splish Splash (Illustration: Hassan Kerrouch)

Mit ein wenig Fantasie kann man von Tieren durchaus etwas lernen, etwa zum Thema Kindererziehung

Wann ich drauf gekommen bin, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Vermutlich während einer meiner Tagesauftakt-Momente auf der Terrasse zu recht früher Morgenstunde. Da sitze ich dann so, mit der Kaffeetasse in der Hand, und komtempliere. Ein mir sehr lieb gewonnenes Ritual, für das ich gern 30 Minuten früher aufstehe als nötig und die News auf dem Smartphone später lese. Beim Sinnieren überblicke ich den Garten und schaue ihm beim Wachsen zu oder bemerke, wo eventuell eine ordnende Hand benötigt wird. Quasi als optischen Beifang beobachte ich dabei auch die Tiere, die sich in einem solchen Klein-Biotop auf- und vor allem verhalten. Mir fiel erst mit Verzug auf, wie spannend, erhellend und auch lustig das sein kann. Gratis-Sozialstudien mit viel Temperament und fast ohne Mensch.

Dieser, also ich, muss nämlich zuerst mal die Grundlage für das Tier-TV schaffen. Blumen, Beerensträucher, Meisenknödel, Nüsse und ein Wasserbecken für Insekten, Eichhörnchen und Vögel aller Art. Letztere sind zu meinen Lieblingsdarstellern geworden. Neulich, beim Beet-Umgraben, fühlte ich mich beobachtet. Keinen Meter neben mir sitzt ein Rotkehlchen, legt den Kopf schief und wartet. Darauf, dass ich endlich Platz mache, damit es an dieser Stelle die nun leichter erreichbaren Regenwürmer aus dem Boden ziehen kann.

Weniger mordlustige Szene: Der aufgehängte Futterknödel im XL-Format ist eine Art Bordbistro für viele Vögel, die, nach Körpergröße gestaffelt, auf ihren Slot warten. Je kleiner das Tierchen, desto lauter zeternd. Ganz besonders aufgeregt sind alle, wenn der Nachwuchs am Start ist. Ich verfolge verblüfft, wie bei Meisens und Spechts die Kleinen schon sehr gut fliegen können, unter dem Knödel auf der Stange sitzen, lauthals tschilpen – und liebevoll gefüttert werden. Wie bitte? Wer fast so groß ist wie die Eltern, muss doch selbst essen können. Hotel Mama? Im Ernst? Bei denen auch? Das Thema hat sich übrigens bei Vogels nach einer Woche erledigt, die Kinder (und Eltern) sind durch mit der Phase.

Mein persönliches Highlight aber sind badende Piepmätze. Grandiose Komiker. Sie landen am Beckenrand, hüpfen erst mal herum, und wenn die Luft rein ist bezüglich lauernder Feinde, geht’s los. Und wie! Das Tierchen in der Wasserschale gleicht einem wild gewordenen Kolibri, flügelschlagend wird sich Wasser unter die Achseln geschaufelt, untergetaucht, raus- und wieder reingesprungen. Völlig losgelöst, so scheint es, doch mindestens ein Vogelauge hat garantiert Feind Nummer eins im Blick, den unbeteiligt wirkenden Kater auf meinem Schoß. Ich lege mal vorsichtshalber die Hand auf seinen Rücken …