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Muss ich noch den Knigge lesen?

Ein Artikel von Julia Werner
3 Apr. 2025

Stil zeigt sich nicht nur in der Kleidung – sondern auch am Tisch. Warum gute Manieren zeitlos sind. (Foto: Getty Images)
Stil zeigt sich nicht nur in der Kleidung – sondern auch am Tisch. Warum gute Manieren zeitlos sind. (Foto: Getty Images)

Unsere Autorin Julia Werner erklärt, warum es so wichtig ist, heutzutage gute Manieren zu haben und stellt die Frage: Müssen Sie noch den Knigge lesen?

Natürlich nicht. Schließlich passt es viel besser in unsere Zeit, ein Ei brutal mit einem Messer zu köpfen, statt es behutsam mit einem Löffel aufzuklopfen. Es gibt wichtigere Eigenschaften als gute Tischmanieren, klar. Aber wenn Leute in Restaurants auf ihrem Brotteller Butterstullen schmieren (anstatt mundgerechte Stücke abzubrechen), werde ich innerlich zu Violet Crawley. Es muss an mir liegen, nicht am Zeitgeist. Der ist an Eleganz nicht interessiert. Miese Tischmanieren bringen mich trotzdem auf die Palme. Lauthals „Guten Appetit“ zu rufen, mag in rustikaler Runde angebracht sein, andernorts wirkt es vielleicht deplatziert. Denn gute Manieren bedeuten nichts anderes, als sich in jeder Situation anpassen zu können. Das Schlimmste, was mir jemals an einem Tisch widerfuhr, war ein Lunch in New York mit einer heute sehr erfolgreichen Influencerin. Sie löffelte ihre Suppe mit einem Bauarbeiterunterarm quer davor. Ich widerstand dem Drang, den Satz meiner Mutter zu bemühen: „Der Löffel geht zum Mund, nicht der Mund zum Teller!“ Mit dem Ergebnis, dass ich mich das ganze Mittagessen über schämte. Vor all den feinen alten Upper-East-Side-Damen, an denen nicht nur die Diamanten, sondern vor allem die Manieren funkelten. Seitdem kann ich diese Influencerin natürlich nicht mehr ernst nehmen. Ich finde, wer isst wie Räuber Hotzenplotz, darf mit dem Thema Stil kein Geld verdienen. Valentino oder Chanel sind ohne Tischmanieren nur Verkleidung.

Klassismus? Sicher nicht. In meiner Familie gab es keinen Hummer. Das Hummerknacken habe ich trotzdem gelernt, und zwar so: Man sitzt mit Menschen am Tisch, die ihr Leben lang nichts anderes gemacht haben – und macht es ihnen nach. So wie meine Urgroßmutter als Haushälterin eines Künstlers lernte, dass man keine Kochtöpfe auf den Tisch stellt. Bis heute kommen in unserer Familie keine Marmeladengläser und schon gar keine Milchtüten auf den Tisch, aus einem simplen Grund: Sie sind eine ästhetische Beleidigung. Wenn ich Leute in Restaurants sitzen sehe, die sich zwar den Kaviar leisten können, aber die Messerspitze ablecken, als wäre es das normalste der Welt, ärgere ich mich nicht über die fehlenden Manieren an sich. Sondern über diese selbstzufriedene Grobheit und Ignoranz, die man braucht, um die guten Manieren der anderen zu übersehen.

Kennen Sie Maria de la Orden, dieses Society-It-Girl, das uns auf Instagram ihre wunderschönen Tischdekos zeigt? Porzellan und altes Silber, nichts, was vordergründig „cool“ wäre. Oder doch? Die Antwort steht zwischen den Zeilen im Knigge: Manieren, nicht Geld oder Trends, sind (leider) die letzte Art, echten Stil zu beweisen.

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