Woher kommt plötzlich diese Inkontinenz?

Ein Artikel von Prof. Dr. Marion Kiechle

In unserer Rubrik beantwortet Prof. Dr. Marion Kiechle Fragen, die Frauen wie wir uns immer schon gestellt haben

Ein Niesen, ein Lachen oder eine plötzliche Anstrengung, und schon ist es passiert ... Blasenschwäche ist weiter verbreitet, als man denkt. Marion Kiechle erklärt, wie es dazu kommt und was Abhilfe schaffen kann

Für viele ein schockierendes Erlebnis: beim Lachen, Joggen, Husten, Niesen oder einfach so geht plötzlich etwas ins Höschen. Dieser Kontrollverlust über die Blase ist Frauen extrem peinlich – und daher immer noch ein Tabuthema. Dabei ist Harninkontinenz eines der häufigsten Frauenleiden überhaupt. Häufigkeit und Ausmaß nehmen mit dem Alter zu: Rund acht Prozent der 18- bis 40-Jährigen, etwas mehr als zehn Prozent der 40- bis 60-Jährigen und etwa 30 Prozent der über 60-Jährigen sind offiziell betroffen. Wobei die Dunkelziffer sicher deutlich höher liegt.

Ursache können mehrere Geburten oder Übergewicht sein 

Es gibt unterschiedliche Formen von Blasenschwäche. Am verbreitetsten ist die Belastungsharninkontinenz. Dabei versagt der Verschlussmechanismus der Blase bei körperlicher Anstrengung, etwa beim Husten, Treppensteigen oder beim Sport. Normalerweise sorgt eine gut funktionierende Beckenbodenmuskulatur dafür, dass bei diesen Druckbelastungen im Bauchraum der Blasenverschluss rund um die obere Harnröhre gut gestützt wird, sodass alles dicht bleibt. Ist der Beckenboden allerdings geschwächt, beispielsweise durch mehrere Geburten, Übergewicht oder eine Veranlagung zur Bindegewebsschwäche, kann es zu einer Senkung der Blase und dem Wegfall der stützenden Muskelplatte kommen. Durch das Ausbleiben der Östrogene nach der Menopause wird dies unter Umständen noch verstärkt.

Auf Koffein verzichten und den Beckenbodenmuskel trainieren 

Eine andere Form ist die sogenannte Dranginkontinenz. Dabei kommt es zu einem sehr starken Dranggefühl, Wasser lassen zu müssen, das manchmal von Schmerzen begleitet ist. Dies kann bis zu stündlich auftreten und so die Nachtruhe erheblich beeinträchtigen. Ursachen dieser „Reizblase“ sind Störungen der Nerven, die den Blasenmuskel steuern. Hervorgerufen werden sie z. B. durch Blasenentzündungen, Blasensteine, Östrogenmangel, Diabetes oder auch neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Multiple Sklerose.

Das Thema beim Arzt anzusprechen, lohnt sich in jedem Fall, denn meist schaffen schon einfache Mittel Abhilfe. Betroffene sollten auf koffeinhaltige Getränke verzichten, denn die können die Blase reizen und die Symptome verstärken. Außerdem lässt sich der Beckenbodenmuskel durch Krafttraining stärken. Dabei können auch Elektrostimulations-Techniken helfen. Wichtig ist, dass man lange genug und über mindestens drei Monate trainiert. Nicht mehr genug zu trinken, ist dagegen schlicht ungesund. Und bevor wir humorlos durchs Leben gehen, benutzen wir lieber extra-saugstarke Einlagen, denn Lachen ist schließlich die beste Medizin!

Ihre Sachbücher sind Bestseller. Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München, beschäftigt sich für MAISON MADAME mit Themen rund um die Frauengesundheit und hat im MADAME-Magazin eine eigene Kolumne.

Prof. Dr. Marion Kiechle (Foto: Simon Koy)