Warum werden meine Haare immer dünner und am Scheitel schütter?

Ein Artikel von Prof. Dr. Marion Kiechle

In unserer Rubrik beantwortet Prof. Dr. Marion Kiechle Fragen, die Frauen wie wir uns immer schon gestellt haben

Etwa die Hälfte aller Frauen leidet irgendwann im Leben unter Haarausfall. Prof. Marion Kiechle klärt über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten auf

Hormonell-erblich bedingter Haarausfall ist die häufigste Form 

Glänzendes, dichtes Haar ist ein wichtiges Attribut weiblicher Schönheit. Nicht jeder Frau ist es in die Wiege gelegt, und wenn wir plötzlich immer mehr Haare in der Bürste oder auf dem Kopfkissen finden, kommt Panik auf: Hilfe, mir droht die Glatze! Ein schwerer Schlag für unser Selbstwertgefühl. Etwa die Hälfte aller Frauen leidet irgendwann in ihrem Leben an übermäßigem Haarausfall und Haarverdünnung. Dabei ist hormonell-erblich bedingter Haarausfall die häufigste Form. Ursache ist eine angeborene Überempfindlichkeit der Haarwurzel gegen einen Abkömmling des männlichen Sexualhormons Testosteron (Dihydro- testosteron/DHT). Dieser Botenstoff verkürzt die Wachstumsphase der Haare, sodass sie immer dünner werden und schließlich ausfallen. Das weibliche Sexualhormon Östrogen hat die genau gegenteilige Wirkung: Es stimuliert das Haarwachstum, kräftigt die Haarstruktur und schützt Frauen so auf natürliche Weise. Kommt es jedoch zur Abnahme des Östrogens, kann sich die anlagebedingte Überempfindlichkeit der Haarwurzel gegen Testosteron bemerkbar machen.

Eine Hormonersatztherapie kann helfen

Umgekehrt bewirkt bei einer Schwangerschaft der enorm hohe Östrogenspiegel eine Verlängerung der Haarwachstumsphase. Die Haare sind dicht und glänzen. Nach der Entbindung fällt der Hormonspiegel abrupt ab, und zum Babyblues gesellt sich verstärkter Haarausfall. Spätestens mit Eintreten der Menopause, wenn es zur natürlichen Abnahme der Östrogenproduktion kommt, macht sich der erblich bedingte Haarausfall bemerkbar. Typischerweise verlieren Frauen die Haare diffus am Oberkopf, der Scheitel wird breiter und die einzelnen Haare dünner. Dagegen helfen nur Medikamente wie Minoxidil oder Alfaradiol, die gezielt die Überempfindlichkeit gegenüber DHT abmildern. Eine generelle Hormonersatztherapie mit Östrogenen, wenn Frauen unter weiteren Wechseljahrbeschwerden leiden, mindert ebenfalls den Haarausfall. Neben den hormonell-erblichen Veränderungen sind auch übermäßiger Stress, Infektionskrankheiten, Schilddrüsenstörungen, bestimmte Medikamente, einseitige Ernährung, Eisen- oder Zinkmangel mögliche Ursachen. Eine Haar-, Kopf- und Blutanalyse kann die Ursache klären. Eine Rapunzel-Mähne wird es aber aufgrund des natürlichen Alterungsprozesses ab gewissen Lebensjahren nur noch sehr selten geben. Da hilft ein cleverer Haarschnitt: Ich habe mich für den (Long-) Bob entschieden – der sieht auch bei feinen Haaren toll aus.

Ihre Sachbücher sind Bestseller. Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München, beschäftigt sich für MAISON MADAME mit Themen rund um die Frauengesundheit und hat im MADAME-Magazin eine eigene Kolumne.

Prof. Dr. Marion Kiechle (Foto: Simon Koy)