Warum bekomme ich ständig eine Blasenentzündung?

Ein Artikel von Prof. Dr. Marion Kiechle

In unserer Rubrik beantwortet Prof. Dr. Marion Kiechle Fragen, die Frauen wie wir uns immer schon gestellt haben

Es ist mal wieder so weit: Mit Brennen und Schmerzen beim Toilettengang kündigt sich ein Harnwegsinfekt an. Professor Marion Kiechle erklärt, warum Frauen dafür besonders anfällig sind und welche Therapien helfen

Die Menopause kann das vaginale Milieu beeinflussen

Plötzliche starke Schmerzen beim Entleeren der Harnblase verbunden mit blutigem, trübem und/oder riechendem Urin – das erleben 60 Prozent aller Frauen mindestens einmal im Leben. In den allermeisten Fällen stammen die eine Harnwegsinfektion auslösenden Bakterien aus dem Darm und gelangen über die Vagina zur Harnröhrenöffnung. Von dort müssen sie noch etwa drei bis vier Zentimeter zurücklegen, bis sie in der Blase angekommen sind und sich vermehren können. Bei Männern ist dieser Weg durch den Penis deutlich länger, im Schnitt etwa 20 Zentimeter, deshalb sind sie weniger anfällig. Bei der Frau kommt hinzu, dass nicht nur das Darm- und Blasen-Mikrobiom, sondern auch die natürliche vaginale Bakterienbesiedelung bei der Entstehung von Harnwegsinfekten eine entscheidende Rolle spielt. Nur wenn sie ausgeglichen ist, können Krankheitserreger abgewehrt werden. Hormonelle Einflüsse wie die Menopause, eine Schwangerschaft oder die Einnahme der Pille können das vaginale Milieu beeinflussen.

Mit der Intimhygiene nicht übertreiben

Auch physikalische Ursachen sind möglich: Unsterblich verliebt und man kommt gar nicht mehr aus dem Bett? Durch die mechanische Reizung der Harnröhrenmündung, die unterhalb der Klitoris liegt, und durch das alkalische Ejakulat, das das saure Scheidenmilieu kurzfristig ändert, wird das Einwandern von Bakterien begünstigt. Im Fachjargon sprechen wir augenzwinkernd von der sogenannten „Honeymoon-Zystitis“. Beruhigend ist: So schnell die Blasenentzündung sich entwickelt, so schnell ist sie wieder vergessen. Zur Therapie reicht meist eine Einmal-Antibiotikagabe aus. Unangenehm wird es, wenn die Entzündung immer wieder auftritt. Medizinisch spricht man von einem rezidivierenden Harnwegsinfekt, wenn dieser sich mehr als zweimal innerhalb von sechs Monaten oder mehr als dreimal im Jahr wiederholt. Dann sollte man eine ernsthafte Erkrankung durch eine Blasenspiegelung ausschließen. Vorbeugend wirkt z. B. eine postkoitale Antibiotikaprophylaxe oder Tabletten und Impfungen mit inaktivierten Darmkeimen. Auch Kapuzinerkresse, Cranberry- und Meerrettichwurzelextrakt helfen, den Harnwegserregern Paroli zu bieten. Zudem kann eine lokale Anwendung von Östrogencreme oder Zäpfchen bei postmenopausalen Frauen Wunder bewirken. Neuerdings stehen auch Probiotika (Sporen bildende Bakterienkulturen) zur Verfügung, die das Blasenmikrobiom stabilisieren. Übertriebene Intimhygiene hat dagegen meist den gegenteiligen Effekt, weil dabei die natürlichen Scheidenbakterien destabilisiert werden. Und zuletzt sollten Frauen unbedingt eine Unterkühlung vermeiden, da sie die lokale Immunabwehr schwächt. Der Tipp unserer Großmütter gilt also nach wie vor: „Kind, zieh dich warm an!“

Ihre Sachbücher sind Bestseller. Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München, beschäftigt sich für MAISON MADAME mit Themen rund um die Frauengesundheit und hat im MADAME-Magazin eine eigene Kolumne.

Prof. Dr. Marion Kiechle (Foto: Simon Koy)