Vernünftig die Sonne genießen

Ein Artikel von Nicola Vidic

Der Sonne entgegen (Foto: Adriano Russo)

Stimmungsaufheller und Brandbeschleuniger – die Sonne hat viele Gesichter. Mit den richtigen Schutzmaßnahmen kann man es aber ganz gut mit ihr aushalten

Die Magie der Sonne ist unvergleichlich. Nicht umsonst wird ihre Rückkehr im Norden, wo sie sich monatelang rar macht, frenetisch gefeiert. Schließlich regt Licht die Bildung des Glückshormons Serotonin an und hellt so die Stimmung auf. Die im Sonnenlicht enthaltene UV-Strahlung bewirkt außerdem, dass in den Zellen der obersten Hautschicht Endorphine, ebenfalls körpereigene Glückshormone, gebildet werden.

So simpel und doch so wichtig: Sonnencreme 

Die Schattenseite ist, dass zu viel direktes Sonnenlicht die Ursache Nummer eins für Hautschäden ist, von Photo-Aging bis schlimmstenfalls Krebs. Tatsächlich steigt die Zahl der Hautkrebsfälle in Deutschland trotz massiver Aufklärung immer noch an. Den besten Schutz vor gefährlicher Strahlung bieten – neben Kleidung und Schatten – Sonnencremes. Dabei weiß man heute, dass nicht nur der Schutz vor UV-A- und -B-Strahlung wichtig ist, um krankhafte Veränderungen, Sonnenbrand, Falten und Pigmentflecken zu vermeiden. Auch im Sonnenlicht enthaltene Infrarot-A-Strahlung und blaues Licht sind zwar nicht gesundheitsschädlich, lassen die Haut aber altern, indem sie das kollagene Stützgewebe schädigen und Alters­flecken begünstigen können. Filter dagegen gibt es bislang leider nicht, aber moderne Sonnencremes enthalten Antioxidantien als Zellschutz oder sind zusätzlich pigmentiert. Das klingt vielleicht etwas übertrieben, ist aber grundsätzlich eine gute Idee, wenn man bedenkt, dass wir nicht nur durch unseren Lebensstil mit Fernreisen in den Wintermonaten, sondern auch durch den Klimawandel zunehmend der Sonne ausgesetzt sind.

Good News: Sonnencremes mit ernst zu nehmendem Schutzfaktor (also ab etwa SPF 30) sind heute viel angenehmer in den Texturen als früher. Fast unsichtbar eignen sie sich bestens für die tägliche Verwendung. Trotzdem ertappt man sich ab und zu dabei, darauf zu verzichten, weil man ja „nur zehn Minuten in der Sonne“ ist. Je nach Hauttyp beträgt der Selbstschutz jedoch nur fünf bis zehn Minuten bei sehr heller Haut. Sehr dunkle Haut kann man dagegen der Sonne bis zu einer Stunde ungeschützt aussetzen. Eine Sonnencreme verlängert diese Zeit um den entsprechenden Faktor (15 Minuten Eigenschutz × Lichtschutzfaktor 30 = siebeneinhalb Stunden geschützt). Vorausgesetzt, sie wird in ausreichender Menge, lückenlos und regelmäßig alle zwei Stunden aufgetragen. Zwei Milligramm auf einen Quadratzentimeter Haut, also etwa drei bis vier Esslöffel voll braucht man für den ganzen Körper.

Unsere Fragen an Hautexperte Prof. Dr. Jean Krutmann

Wie nun die globale Erwärmung zur Hautalterung beiträgt und womit sich die aktuelle Forschung in Sachen Lichtschutz beschäftigt, erklärt Dermatologe und Umweltmediziner Professor Jean Krutmann im Interview

MAISON MADAME: Welche Folgen haben die veränderten Klimabedingungen für unsere (Haut-)Gesundheit?

Prof. Dr. Jean Krutmann: Durch den stetigen Temperaturanstieg nehmen kardiovaskuläre Erkrankungen, Erkrankungen des Lungensystems und bestimmte Infektionskrankheiten zu. Wir haben außerdem herausgefunden, dass die Erwärmung bei gesunder Haut zur Alterung beiträgt. Es gibt bei der Pigmentierung und der Faltenbildung im Gesicht Zusammenhänge, auch wenn wir noch nicht genau wissen, wie das funktioniert. Bei der Pigmentierung hat es vermutlich mit oxidativem Stress zu tun.

Viele Produkte enthalten Antioxidantien, die davor schützen könnten – funktioniert das dann auch für Infrarotstrahlung und blaues Licht?

Das funktioniert für langwelliges UV-Licht und Infrarot-A-Strahlung. Vor der durch sichtbares Licht hervorgerufenen Hyperpigmentierung schützen Antioxidantien aber nicht. Das Einzige, was da bisher hilft, sind Pigmente, die in der Lage sind, den blauen Lichtbereich zu absorbieren oder zu reflektieren. Das heißt, die Produkte sind getönt.

Welche weiteren Faktoren können der Haut schaden?

Neben der UV-Strahlung auch Luftverschmutzung durch Feinstaub und eine hohe Ozonkonzentration. Diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig: Ist die Feinstaubbelastung besonders groß, verringert sich der Effekt der UV-Strahlung und umgekehrt.

Mit welcher Wirkung?

Geht es vor allem um Falten, ist UV-Strahlung der entscheidende Faktor, dann kommt Tabakrauch und erst ganz zum Schluss Luftverschmutzung. Bei Alters­flecken dagegen spielt die Luftverschmutzung eine ähnlich große Rolle wie die UV-Strahlung.

Reagieren alle Hauttypen gleichermaßen auf diese unterschiedlichen Umweltfaktoren?

Je heller die Haut, desto leichter bekommt man einen Sonnenbrand, und umso wichtiger ist der UV-B-Schutz. Bei dunkleren Hauttypen sind die Zellkerne durch das Melanin besser vor DNA-Schädigung geschützt, dafür sind sie empfindlicher gegen langwelligere Strahlung wie UV-A und sichtbares Licht und damit für Hyperpigmentierung.

Dermatologe Prof. Dr. Jean Krutmann ist Direktor des Leibniz-Instituts für Umwelt­medizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Er untersucht Mechanismen der umweltbedingten Hautalterung (Foto: privat))