Menopause? Nein, schwanger!

Ein Artikel von Isabell Spilker

Spätes Mutterglück (Foto: Tristan Rösler)

Und dann kam Meno P. Jahrelang kennt Frau das Gefühl, wenn die Periode ausbleibt: oh, schwanger? Und wenn Frau schon 46 ist: oh, Wechseljahre? Die Geschichte einer großen Überraschung

Seit Meno P. kommt die Regel wie ein Uhrwerk. Und auch sonst funktioniert alles gut organisiert, selbst das Chaos. Auf dem Tisch steht bunte Fingerfarbe, Flummis rollen die Treppe runter und die Lautstärke ist kaum zu toppen: Ganz klar, hier wohnen Kinder.

Meno P. heißt eigentlich Jannis und ist heute drei, sein Bruder Jon ist neun. Kirsten wird im Januar 50 und fühlt sich manchmal alt. Wenn Jannis mal wieder nicht schlafen wollte, sondern die Nacht zum Tag gemacht hat. Wenn die Erkältungen sich die Klinke in die Hand reichen. Wenn das Energielevel einfach unten ist, weil die Oma dement ist und die Sandwich-Position zwischen Pflege von sehr alt und sehr jung erdrückend wird.

Als die Periode mit 46 ausbleibt, war klar, dass es die Menopause sein muss

Mütter in Deutschland sind bei der Geburt im Durchschnitt 31,7 Jahre alt. Nur 0,22 Prozent sind älter als 45. Ihre Chance, schwanger zu werden, ist in diesem Alter auch denkbar gering: nur zwei Prozent, sagen die Statistiken. „Unser erstes Kind war nach vielen missglückten Kinderwunschbehandlungen und einer Fehlgeburt mit 36 bereits ein Wunder, denn es war natürlich gezeugt – nie hätten wir damit gerechnet, dass es sechs Jahre später nochmal klappt“, erzählt Kirsten, die von Beruf Künstlerin und Kulturvermittlerin ist. Und als die Periode mit 46 ausbleibt, ist für sie klar, dass es die Menopause sein muss – sie war ja bereits unregelmäßig geworden. Und im Freundeskreis erzählten auch immer mehr Frauen von Hitzewallungen und Schlafstörungen und freuten sich, dass das leidige Menstruieren ein Ende hat.

Nun also schwanger? Jetzt, wo es im Beruf gerade wieder stabil geworden war? Wo sie Pläne für Reisen schmiedete und den “gemütlichen” Teil des Lebens ansteuerte? Kirsten wollte niemals eine alte Mutter sein – sie selbst wuchs mit alten Eltern auf und verlor den Vater, den die meisten ihrer Freunde für den Opa hielten, viel zu früh. Und doch: „Niemals hätten wir uns gegen dieses Kind entscheiden können!“ Klar, so eine später Schwangerschaft bringt einiges an Risiken mit sich: eine höhere Wahrscheinlichkeit für Fehlbildungen oder eine Fehlgeburt oder Gestationsdiabetes. Dieser tritt auch bei Kirsten auf. Sonst aber geht alles gut, auch weil sie in den neun Monaten alles ruhig angehen lässt – so gut es eben geht mit einem Fünfjährigen.

Nichts zu verpassen

„Natürlich wurde im Umfeld getuschelt, als ich schwanger war“, sagt sie. „Aber ich habe früh beschlossen, dass mich das nicht ärgert, sondern freut: Sicher waren die nur neidisch, dass ich mit meinem Mann nach so vielen Ehejahren noch Sex habe!“ Von den jungen Frauen, die später mit ihr im Krabbelkurs sitzen, trennen sie oft mehr als 15 Jahre. „Ich weiß nicht, ob wir besser zusammengepasst hätten, wäre ich in ihrem Alter“, sagt sie. „Wir wären auch in jüngeren Jahren unkonventionelle Eltern, die gern mit ihren Kindern rutschen, toben und verrückte Sachen machen.“

Und doch spürt Kirsten, dass sie und die anderen Mütter unterschiedlichen Generationen entspringen. Sie hat nicht mehr den Drang, feiern zu gehen, sobald das Kind abgestillt ist, und hat sich beruflich bereits verwirklicht. „Die Sinnfragen habe ich hinter mir. Ich kann mich ganz vielen Themen gelassen widmen, mich einfach über meine Kinder freuen und die Zeit mit ihnen genießen. Ich verpasse sicher nichts.“

Menopause in Sicht?

Es sind auch Momente wie dieser eine Nachmittag, an dem Kirsten und ihr Mann gerade den Umbau des Hauses und einen neuen Kredit planen, während die Freunde von ihren fast erwachsenen Kindern und der gar nicht mehr so weit entfernte Rente sprechen. „Die Ausbildung oder ein Studium zu finanzieren mit Rentengehalt? Das wird schwierig! Wir werden wohl so schnell nicht dahin kommen, in Ruhestand zu gehen“, stellt Kirsten fest, „denn da gehören wir mit unseren jungen Kindern einfach noch lange nicht hin.“

Viele Ziele und Pläne wurden mit Jannis überworfen. Und ja: Sie fühlt sich oft morgens nicht mehr ganz frisch. Ihr fehlt der Esprit, aus dem Bett zu springen, weil sie eigentlich erstmal fünf Minuten braucht, um die Gelenke in Gang zu bringen. Keinen Moment lang hat sie aber die Entscheidung für dieses Kind in Frage gestellt. Verhüten tun sie und ihr Mann seitdem trotzdem, denn die echte Menopause? Davon ist noch nichts in Sicht.

„Die Sinnfragen habe ich hinter mir. Ich kann mich ganz vielen Themen gelassen widmen, mich einfach über meine Kinder freuen und die Zeit mit ihnen genießen. Ich verpasse sicher nichts.“

Kirsten