Warum sind meine Zähne plötzlich eine Katastrophe?

Ein Artikel von Prof. Dr. Marion Kiechle

In unserer Rubrik beantwortet Prof. Dr. Marion Kiechle Fragen, die Frauen wie wir uns immer schon gestellt haben

Zahn- und Zahnfleischprobleme können auch mit dem Hormonspiegel zusammenhängen. Prof. Marion Kiechle erklärt, warum die Mundgesundheit gerade ab 40 unsere besondere Aufmerksamkeit braucht

Kürzlich sah ich eine wirklich sehr attraktive Frau in einem spektakulären Chanel-Kostüm mit grauer, wilder Lockenmähne, passender Tasche und Schuhen – einfach große Klasse. Sie stand vor mir an der Käsetheke und bemerkte wohl meinen bewundernden Blick im Rücken. Aber als sie sich zu mir umdrehte und mich anlächelte, erstarrte ich förmlich, denn völlig unerwartet blickte ich auf schlechte, schiefe und fehlende Zähne. Der zunächst überwältigende Eindruck war komplett zerstört. Anhand dieser Alltagsbegegnung wurde mir so klar wie nie, wie wichtig schöne, gerade und gesunde Zähne für das gesamte Erscheinungsbild eines Menschen sind.

Die Menopause spielt sich auch im Mund ab

Obwohl uns Frauen nachgesagt wird, dass wir einen größeren Wert auf ein gepflegtes Aussehen legen als Männer, ist es de facto bei der Zahngesundheit anders herum. Wussten Sie, dass statistisch gesehen 40-jährigen Frauen ein Zahn mehr fehlt als gleichaltrigen Männern? Aber woran kann das liegen? Des Rätsels Lösung sind mal wieder die Hormone, denn die Menopause spielt sich auch im Mund ab. Die Mundschleimhaut besitzt Östrogenrezeptoren und reagiert ähnlich wie die Vagina auf den Hormonentzug – nämlich mit Trockenheit und gesteigerter Empfindlichkeit. Die Hormonabnahme in den Wechseljahren führt konkret dazu, dass weniger Speichel produziert, der Mund trocken und die Entstehung von Karies begünstigt wird. Denn eine ausreichende Menge an Speichel ist wichtig, damit unsere Zähne wieder mineralisiert werden, wenn sie durch Essen oder Trinken einer Säureattacke ausgesetzt sind. Durch den Hormonentzug wird das Zahnfleisch außerdem durchlässiger für Keime, sodass es bei einer schlechten Mundhygiene oder einer lokalen Immunschwäche zu einer Entzündung – Parodontitis – des Zahnfleisches kommen kann.


Mundhygiene bleibt das A & O 

Wird die nicht behandelt, bilden sich Zahnfleischtaschen, das Zahnfleisch geht zurück, und die Zahnhälse werden sichtbar. Bei Fortschreiten der Entzündungsreaktion kommt es auch zu einer Beteiligung und Rückgang des Knochens, und schlimmstenfalls fällt der Zahn aus. Erstes Alarmzeichen: Zahnfleischbluten beim Zähneputzen. Aber: Trotz Risikofaktor Östrogenmangel kann man etwas tun. Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen und dentalhygienische Maßnahmen sowie eine gezielte Mundhygiene mit dem richtigen „Werkzeug“ helfen, diesen Zahnproblemen vorzubeugen. Also Ladies ab 40: Nicht nur den Kindern predigen, wie wichtig regelmäßiges Zähne- putzen ist, sondern mit gutem Beispiel vorangehen!

Ihre Sachbücher sind Bestseller. Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München, beschäftigt sich für MAISON MADAME mit Themen rund um die Frauengesundheit und hat im MADAME-Magazin eine eigene Kolumne.

Prof. Dr. Marion Kiechle (Foto: Simon Koy)