Mehr Ruhe im Kopf - SOS-Tipps gegen stressige Gedanken
Wenn ein stressiger Gedanke den nächsten jagt, helfen mentale Mini-Auszeiten und SOS-Tricks. 3 ultimative Tipps, um wieder runterzukommen
Schon als achtjähriges Kind wünschte ich mir nachts im Dunkeln oft eine Art Knopf hinter dem Ohr, mit dem ich bei Ängsten und nach schlechten Träumen das miese Programm in meinem Kopf einfach ausschalten könnte. Ein paar Jahrzehnte später fände ich es immer noch großartig, auf Knopfdruck das stoppen zu können, was einem im stressigen Alltag so durch den Kopf rauscht und rattert. Gedankenkarussell klingt noch fast geordnet für das Chaos, das sich oft verselbstständigt, den Puls beschleunigt, nervös macht und erschöpft zugleich.
Heute habe ich – immerhin anders als mit acht Jahren – ein paar mentale Strategien an der Hand, die tatsächlich helfen, wenn Gedanken und Gefühle das Stresslevel hochtreiben. Natürlich gelingt die Umsetzung mal besser, mal schlechter. Aber der Effekt ist unbestritten da.
1. Schnell raus aus der Hochanspannung
Eine Ärztin für psychosomatische Medizin beschrieb mir einmal Notfallstrategien, die einen schnell runterbringen, wenn man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht. Ist der Stress zu groß, helfen die üblichen Entspannungstechniken wie Autogenes Training nämlich nicht mehr viel, wenn man sie nicht täglich übt. Im Gegenteil. Die Aufforderung „Jetzt entspann‘ dich mal!“ macht dann bekanntlich nur noch aggressiver. Einer der SOS-Tricks gegen die Hochanspannung ist daher schlicht: zählen. Sich im Raum umsehen und anfangen, irgendetwas zu zählen. Die Lamellen der Verdunkelung, die Stuhlbeine, die Knöpfe der hemdtragenden Personen. Selbst die Blätter der traurigen Topfpflanze auf dem Fensterbrett tun es. Warum? Das Zählen schafft neuen Fokus und unterbricht den Stressgedanken.
2. Verbindung durch Gemeinsamkeiten
Ein anderer Psycho-Trick zum Umgang mit Gefühlen hilft vor allem, wenn man in einem Job-Meeting seinem Gegenüber vor Wut oder Frust am liebsten an die Gurgel gehen möchte: Gemeinsamkeiten überlegen – und zwar drei an der Zahl. Was verbindet uns? Nichts, aber auch gar nichts, mag man zunächst denken. Aber – und das ist das Schöne –, absolute Basics reichen. Zum Beispiel: Wir sind in einem Raum, wir haben beide schwarze Schuhe an, wir trinken Kaffee mit Milch. Das macht den verengten Tunnelblick, den wir in solchen Situationen einnehmen, wieder weiter. Florian Junne, Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Uniklinikum Mageburg erklärt, welche Mechanismen und Denkmuster evolutionär bedingt greifen, wenn wir unter Hochspannung stehen: „Im Stress fokussieren Menschen auf die Probleme. Sie schalten eher in den Alles-oder-nichts-Modus, sehen vermehrt schwarz-weiß, der differenzierte Blick geht verloren.“
3. Innerlich Abstand gewinnen
Ein Gedanke nach dem anderen bedeutet maximale geistige Unruhe. Neurowissenschaftliche Forschungen zeigen, dass bereits regelmäßige Mini-Meditationen deutliche Effekte auf das Gehirn haben. Sie wirken akuter Stressbelastung und überbordenden Gefühlen entgegen, bringen mehr Klarheit im Kopf. „Ich empfehle etwa die 1-Minuten-Meditation“, sagt Psychosomatik-Experte Florian Junne. Mit geringem Zeitaufwand lasse sich damit üben, innerlich Abstand zu einem Problem zu gewinnen. „So kann jeder lernen, sich zu sortieren und zwischen Problemlagen zu priorisieren.“ Schon nach dem ersten Mal ist der Effekt spürbar, die Stressresistenz wird trainiert wie ein Muskel. „Je häufiger man übt, desto mehr hat man davon“, sagt Junne. In 60 Sekunden ruhiger werden – die Zeit kann sich wirklich jeder nehmen, egal, wie voll die Agenda ist. Ein Tag hat 1440 Minuten. Probieren Sie es aus!
One-Minute-Meditation: So funktioniert's
Setzen Sie sich bequem hin und atmen Sie einige Male tief durch. Suchen
Sie sich einen Punkt aus, auf den Sie sich konzentrieren wollen, etwa eine Kerze oder einen Bleistift. Nun den Gegenstand fixieren und eine Minute lang nur auf die Empfindung achten, die der ein- und ausströmende Atem im Körper erzeugt – im Bauch, im Brustkorb, im Hals, in der Nase. Täglich üben, möglichst zwei-, dreimal. Je häufiger, desto wirksamer.