Ist es gefährlich, wenn ich vergesse, den Tampon zu entfernen?

Ein Artikel von Prof. Dr. Marion Kiechle

In unserer Rubrik beantwortet Prof. Dr. Marion Kiechle Fragen, die Frauen wie wir uns immer schon gestellt haben

Tampons sind praktisch, hygienisch und kaum zu spüren. Es kann also schon mal passieren, dass man sie vergisst. Das muss einem nicht peinlich sein, meint Prof. Marion Kiechle und räumt mit ein paar Vorurteilen auf

Die Tage, ach Gott die Tage … Braucht kein Mensch?! Na ja, mit der Menschheit wäre es halt schnell zu Ende ohne furchtbar genervte fruchtbare Frauen. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage verwenden Frauen in Deutschland bei der Menstruation am liebsten Tampons. Die sind bei 71 Prozent der 14- bis 60-Jährigen der absolute Favorit. Kein Wunder, denn sie sind wirklich äußerst praktisch. Nicht auszudenken, wie das zu früheren Zeiten war: Im Mittelalter trugen Frauen Menstrua­tionsunterröcke, um sich das an den Schenkeln herunterlaufende Blut abzuwischen. Der Tampon – erfunden in den 30er-Jahren – revolutionierte das Leben der Frau und schenkte ihr Freiheit, ähnlich wie die Antibabypille. Gleichzeitig ranken sich zahlreiche Mythen um ihn: Er sei nichts für Jungfrauen, die Scheide trockne aus und könne nicht „atmen“.

In den 70er-Jahren geriet er zudem in den Verruf, das sogenannte Toxische Schocksyndrom auslösen zu können. Dabei handelt es sich um eine extrem sel­tene, schwere Erkrankung, die durch bestimme Bakterien hervorgerufen werden kann. Diese Erreger sind weitverbreitet und häufig auf unserer Körperoberfläche, aber auch in der Vagina und im Nasen-Rachenraum anzutreffen. Sie können Giftstoffe bilden, auf die das menschliche Immunsystem mit der Produktion von Antikörpern reagiert. Zu dem Schocksyndrom kommt es nur, wenn sehr viele Keime in eine Person eindringen, die noch keine Antikörper gebildet hat. Über 90 Prozent der Menschen haben dies jedoch bereits und sind somit geschützt. Aber Achtung: Die Keime können sich nicht nur im Menstruationsblut (guter Nährboden!) bei Verwendung von Tampons oder Menstruationstassen ausbreiten, sondern auch durch größere Wunden oder Nasennebenhöhlenentzündungen in den Körper gelangen.

Für eine problemlose Anwendung empfiehlt es sich, Tampons je nach Blutungsstärke, Tampon-Größe und Saugkraft alle vier bis acht Stunden zu wechseln. Wird ein Tampon mal vergessen, macht er sich meist durch Ausfluss und Geruch nach einigen Tagen bemerkbar. Erwischt man das Rückholbändchen nicht mehr, hilft ein kurzer Besuch beim Frauenarzt. Dies muss Ihnen nicht peinlich sein und kann schon mal passieren. Erlebt habe ich in der Praxis, dass Frauen aus Versehen einen zweiten Tampon eingeführt haben. Oder im Eifer der Leidenschaft vergessen haben, den Tampon vor dem Sex zu entfernen. Aber keine Angst: Der Tampon kann nicht in der Gebärmutter verschwinden, dafür ist ihre Öffnung viel zu klein.

Allerdings erledigt sich die ­Sache mit den Tagen irgendwann sowieso von selbst – Tag für Tag ein bisschen mehr …

Ihre Sachbücher sind Bestseller. Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München, beschäftigt sich für MADAME mit Themen rund um die Frauengesundheit.

Prof. Dr. Marion Kiechle (Foto: Simon Koy)