Häufige Fieberbläschen, muss ich mir Sorgen machen?

Ein Artikel von Prof. Dr. Marion Kiechle

In unserer Rubrik beantwortet Prof. Dr. Marion Kiechle Fragen, die Frauen wie wir uns immer schon gestellt haben

Herpesviren schlummern in den meisten Menschen und nutzen jede Schwäche im Abwehrsystem, um auszubrechen. Professorin Marion Kiechle erklärt, welche Körperstellen betroffen sind, und was gegen die Viren hilft

Wie aus dem Nichts verspürt man plötzlich ein Spannungsgefühl an der Lippe, verbunden mit Juckreiz und Schmerzen. Innerhalb weniger Stunden zeigt sich das erste Bläschen. Lippenherpes! Kann ich Herpes auch an anderen Körperstellen bekommen? Ist das ansteckend? Zeit für einen Faktencheck.

Lebenslang im Körper

Ursache dieser Hautveränderungen ist eine Infektion mit dem sogenannten Herpes-simplex-Virus, von dem es zwei Typen gibt. Typ 1 befällt bevorzugt den Mund, Typ 2 führt zu ähnlich schmerzhaften Bläschen im Genitalbereich. Fast alle Menschen kommen meist schon in der Kindheit mit dem Herpes­virus Typ 1 in Kontakt. Die Infektion kann auch unbemerkt verlaufen. Nach einer Ansteckung verbleiben die Viren lebenslang im Körper, genauer in den Knotenpunkten der Nerven. Wird unser Immunsystem – etwa durch eine Erkältung, starke Sonneneinstrahlung, Stress oder Medikamente (zum Beispiel Kortison) – geschwächt, kommt es zur Reaktivierung der Viren. Sie wandern entlang der Nerven zur Hautoberfläche und vermehren sich. Bei manchen Frauen reichen dafür schon hormonelle Schwankungen während der Periode. Ich bin übrigens der typische „Psychostress-Herpes-Typ“: Regelmäßig nach dem Besuch beim Zahnarzt bekomme ich Fieberbläschen im Mundwinkel und Aphthen im Mund.

Kann nie ausbrechen

Etwa zwei Drittel aller Menschen haben auch mit Genitalherpes zu kämpfen, wobei die Beschwerden sehr unterschiedlich sein können: von wenigen Symptomen bis hin zu extrem starken Schmerzen. Manche bekommen nie auch nur ein einziges Herpesbläschen, obwohl sie das Virus in sich tragen. Die Übertragung passiert durch direkten Kontakt mit der hoch-ansteckenden Bläschenflüssigkeit etwa beim ­Küssen, Oral- oder Geschlechtsverkehr über kleinste Verletzungen der Haut und führt nach etwa drei bis sieben Tagen zur Infektion. Die heilt meist, nachdem die Bläschen geplatzt sind, durch eine Schorfbildung problemlos aus. Unterstützen kann man den Heilungsprozess durch Salben mit einem speziellen, das Viruswachstum hemmenden Wirkstoff, in schweren Fällen mit einer Tablettentherapie. Bei sehr starken Schmerzen, insbesondere im Genitalbereich, können Cremes mit einem Betäubungsmittel schnelle Abhilfe bringen.

Vor allem aber gilt, was einst schon der römische Kaiser Tiberius versuchte per Dekret durchzusetzen: Bei Bläschen an den Lippen ist Küssen verboten!

Ihre Sachbücher sind Bestseller. Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München, beschäftigt sich für MAISON MADAME mit Themen rund um die Frauengesundheit und hat im MADAME-Magazin eine eigene Kolumne.

Prof. Dr. Marion Kiechle (Foto: Simon Koy)