Gesunde Mitte

Ein Interview von Bettina Wündrich

Betonte Mitte (Foto: Zeb Daemen)

Unsere Expertin Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann verrät, welche Lebensmittel gegen Heißhunger helfen und was wir beim Abnehmen trotzdem verzehren dürfen

Maison MADAME: Frau Axt-Gadermann, Sie haben viele Bücher über den Darm und das Mikrobiom geschrieben, weshalb liegt Ihnen das Thema so am Herzen?

Frau Axt-Gadermann: Das Mikrobiom, verkürzt gesagt die Gesamtheit der Darmbakterien, hat mehr Macht über unser Wohlbefinden, als wir meinen. Es ist unser engster Verbündeter, wenn wir abnehmen oder unser Gewicht halten wollen. Diese Mikroorganismen erbringen eine enorme Stoffwechselleistung. In Studien konnte ich nachweisen, dass bestimmte probiotische Bakterienmischungen das Mikrobiom in Richtung schlank „umprogrammieren“ können.

Wie gehe ich vor, wenn ich ernsthaft abnehmen will?

Es gibt keine „One-size-fits-all“-Diät. Viele indi­viduelle Faktoren können neben der Ernährung zu Übergewicht führen. Machen Sie für sich eine gesundheitliche Bestandsaufnahme. Lassen Sie Ihren Stuhl, Ihre Blut- und Entzündungswerte und den Schilddrüsenhormonspiegel checken – letzteres ist besonders wichtig bei Frauen in den Wechseljahren. Bildet Ihr Körper ausreichend Sättigungshormone, wie sieht es mit Vitamin D, Selen, Zink und Eisen aus? Diese Mikronährstoffe beeinflussen den Stoffwechsel. Übrigens kann auch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, wie Antidepressiva, Betablocker, Allergie­medikamente, Übergewicht fördern. Helligkeit im Schlafzimmer ist ebenfalls ein Risikofaktor für Gewichtsprobleme. Schlechter Schlaf erhöht den Spiegel des Appetithormons Ghrelin.

Was ist von kalorienarmen High-Protein-Produkten zu halten, die gerade so gehypt werden?

Finger weg! Viele enthalten Zuckerersatzstoffe, die das Mikrobiom schädigen, und von denen man heute weiß, dass sie Übergewicht begünstigen. Stevia und Erythrit scheinen in geringer Dosierung weniger bedenklich zu sein, besser aber auch die reduzieren.

Schokolade, süßes Obst – kein No-Go?

Gerne im Anschluss an die Hauptmahlzeit. Wichtiger, als komplett auf Zucker zu verzichten, ist, Zwischenmahlzeiten wegzulassen. Blutzucker- und Insulinspiegel sollten zwischen den Mahlzeiten wieder absinken können. Dann kann der Körper Regenerationsprozesse in Gang setzen und Fettgewebe abbauen. Obst liefert auch Pflanzenstoffe, die entzündungshemmend und antioxidativ wirken, eine Birne, ein Pfirsich sind fantastisch! Den Apfel bitte mit Schale essen, die enthält Pektin, also Pflanzenfasern. Wenn eine Banane noch etwas grün ist, enthält sie resistente Stärke, ein Ballaststoff, den die Bakterien gut verarbeiten können. In dunkler Schokolade ist weniger Zucker, die Kakaoflavonoide wirken sich günstig auf die Haut aus, schützen vor freien Radikalen.

Pizza und Pasta?

In Maßen erlaubt – Sie sollten aber Salat und Gemüse dazu nehmen. Regen Sie die Sättigungshormone eine halbe Stunde vor dem Essen an, z. B. mit Nahrungsergänzungsmitteln, die Ballaststoffe liefern.

Kaffee hat gerade auch einen schlechten Ruf …

Kaffee ist ein Naturprodukt und unterstützt sogar das Abnehmen. Er ist gut für das Mikrobiom und enthält Ballaststoffe. Wenn Sie unter Schlafstörungen leiden, sollten Sie Kaffee ab mittags sparsam dosieren.

Nahrungsergänzungsmittel gegen Heißhunger

Langkettige (oder komplexe) Kohlehydrate sind zum Beispiel in Nüssen, Hülsenfrüchten, Trockenfrüchten und Vollkorn­nudeln enthalten. Es dauert länger, bis diese vom Körper aufgespalten und verarbeitet werden. Sie vermindern den Blutzuckeranstieg nach dem Essen.

Ballaststoffe (Flohsamen, frisch geschrotete Leinsamen, Chiasamen) sorgen für ein gutes Mikrobiom im Darm. Eine halbe Stunde vor einer Mahlzeit konsumieren.

Mandeln reduzieren das Risiko von Bauchfett.

Eier sind viel besser als ihr Ruf. Besonders im Eigelb stecken gut verdauliche Proteine, die der Körper fast vollständig verwerten kann.

Pflanzliche Proteine statt tierischer Eiweiße – diese machen satt und stecken etwa in Soja, Bohnen, Linsen, Erbsen, Amaranth, Dinkel, Quinoa, Hafer und Hirse.

Hochwertige Fette und Öle (täglich mindestens 1–2 EL), wie natives Olivenöl, aber auch Nussöle, Hanf-, Lein- und Rapsöl fördern den Stoffwechsel und halten die Zellen elastisch.

Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann ist Dermatologin, Ernährungs- und Sportmedizinerin und Verfasserin vieler Bestseller („Schlank mit Darm“, „Der Abnehmkompass“, Südwest) (Foto: Nicole Dietzel)

Gemüsesuppe an zwei Tagen oder eine vegane Woche ohne Gluten und Lactose helfen beim Abnehmen.