Figaro Figaro Figaro! Volumen, Stars & Ruhm: gefeierte Haarkünstler und ihre berühmte Kundschaft

Ein Artikel von Petra Harms

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Starfriseure, die Geschichte schrieben und ikonische Frisuren und Trends schafften. Eine Zeitreise

Die Frisur, die Jacqueline Kennedy bei der Vereidigung ihres Mannes zum US-Präsidenten trug. Das Blond, mit dem aus Norma Jean die begehrte Marilyn Monroe wurde. Der Stufenschnitt, mit dem Jennifer Aniston und mit ihr die Serie „Friends“ berühmt werden sollte. Kleider machen Leute, aber „die richtige Frisur kann eine einfache Frau schön, und eine schöne Frau unvergesslich machen“, so Sophia Loren.

Zum Foto: Alexandre de Paris, 1968

Prinz, Sphinx, D’Artagnan: Er hatte fast so viele Beinamen wie berühmte Kundinnen. Louis Alexandre Raimond machte Liz Taylor für Filme („Kleopatra“, „Der Widerspenstigen Zähmung“) und im Alltag die Haare. Sein ­Credo: „Enttäusche nie eine Frau.“ Dabei hatte er unzählige: Princess Grace, Wallis Simpson, Greta Garbo, Liza Minnelli, Shirley McLaine, Romy Schneider, um nur ein paar zu nennen. Verheiratet war er bis zu seinem Tod 2008 nur mit einer: Andrée Banaudi.

Foto: ddp Images GmbH)

Ikonische Styles und Schnitte sind mitnichten eine Erfindung der Neuzeit. Schon von Kleopatra, deren scharfkantiger Bob nach über 2000 Jahren wieder en vogue ist und maximal kinnlang mit kurzem Pony getragen wird, ist bekannt, dass ihr Look und die Pflegerituale mit diversen Ölen über den Nil hinaus kopiert werden. Einige Jahrhunderte später lässt sich Marie Antoinette von Léonard-Alexis Autié die Locken zu einem stilprägenden Pouf auftürmen und pudern – und erstmals wird damit ein Friseur berühmt, und eine Frisur bekommt einen eigenen Namen: Le Pouf.

Zum Foto: Kenneth Battelle, 1961

Es spricht für sich, dass Kenneth Battelle sowohl Jackie Kennedy als auch die (angeb­liche) Geliebte ihres Mannes, Marilyn Monroe, frisierte. Geheimnisse, behauptete er, hätte er in seinem New Yorker Salon nie gehört. Kaum zu glauben, dass Lee Radziwill, Judy Garland, Diana Vreeland und Katherine Hepburn stumm blieben, während er mit seinen Heißwicklern und Clips ihre Bouffants mit leichtem Undone Touch stylte.

Foto: Mauritius Images GmbH

Die Ära der Celebrity-Hairstylisten allerdings soll erst später anbrechen, in den Fünfzigerjahren, als der Jetset unermüdlich durch Europa tourt und Fürstenhäuser mit Hollywood verschmelzen. Louis Alexandre Raimon, wie später Supermodels nur bei seinem Vornamen Alexandre genannt, wird mit Menjou-Bärtchen, Diskretion und flinken Fingern zum ersten Haute Coiffeur. Seine Kundinnen kommen, wie Beatrix der Niederlande und die Duchess of Windsor, aus dem Hochadel. Elizabeth Taylor ist ihm treu ergeben. Selbst aus dem Krankenlager lässt sie Alexandre aus Paris nach London einfliegen, um ihren Artichoke Cut, einen raffinierten, mehr­lagigen Kurzhaarschnitt, und ihr Wohlbefinden zu verbessern. Audrey Hepburn, Catherine Deneuve, Sophia Loren, Maria Callas und Romy Schneider vertrauen dem maître coiffeur ebenso wie die bekanntesten Couture-Häuser von Chanel bis Yves Saint Laurent, für die er bis in die Neunzigerjahre bei den Schauen schneidet, stylt und steckt. Sein Marken­zeichen: neben dem klassischen Chignon vor allem kunstvolle Hochsteckfrisuren, bei denen er Schmuckstücke und Kämme einarbeitet, für die das Haus ­Alexandre de Paris bis heute bekannt ist.

Zum Foto: Vidal Sassoon, 1967

Riesenaufruhr, als Vidal Sassoon Mia Farrow 1967 am Set von „Rosemary’s Baby“ einen Pixie verpasst. Eine Idee von Regisseur Roman Polanski. Alles Fake, hieß es später. Bis heute allerdings wahr: Sassoon ist der Mann der geometrischen, exakten Schnitte. Bob und der 5 Point Cut sind seine Signature-Looks, die Stylisten bis heute an Sassoon Academies lernen.

Foto: Getty Images

Den kompletten Gegenentwurf liefert Vidal Sassoon. Gemeinsam mit Mary Quant, Erfinderin des Minirocks, definiert der Brite in den Sechzigern ein neues Sexy, verbannt Trockenhaube, Lockenwickler und Haarspray zugunsten klarer Konturen und einem Wash-and-wear-Stil. „Keine intelligente Frau kann oder will dreimal die Woche zum Friseur gehen“, erklärt der Haararchitekt, der nicht nur ein neues Verständnis für das Zusammenspiel zwischen Gesicht und Frisur, sondern auch völlig neue Schnitttechniken entwickelt. Legendär: der 5 Point Cut, ein ans Bauhaus angelegter Präzisionsschnitt, der alles Überflüssige eliminiert und Frauen eine neue Freiheit schenkt. Adir Abergel, der u. a. Charlize Theron und Anne Hathaway schneidet, ist nur einer der vielen Star-Friseure, die Sassoons Schule bis heute folgen. Keiner soll aber das Handwerk je wieder so revolu­tionieren wie Sassoon selbst: mit dem Bob, der sogenannten Schüttelfrisur von Goldie Hawn oder dem Pixie für Twiggy und Mia Farrow.

Zum Foto: Gerhard Meir, 1986

Haarspray und Hochadel: 1986 sitzt Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis mit wild toupierten Haaren bei „Wetten, dass..?“. Das Werk von Gerhard Meir. Der Münchner und sein Salon „Le Coup“ werden danach zur Prä-Partystation für die Gesellschaft. Ruppige Handgriffe gepaart mit feinfühliger Zugewandtheit waren das Geheimnis von Deutschlands erstem Promi-Friseur.

Foto: Getty Images

Auch Sassoons Zeitgenosse Kenneth Battelle verzichtet auf Haarspray und setzt auf exakte Schnitte. Allerdings liebt der New Yorker ein neues Styling-Tool: Heißwickler. Damit schafft er Volumen am Ansatz und Jacqueline Kennedys ikonischen Bouffant. Geschmeidige Fülle und Lebendigkeit sind nicht nur bei der First Lady gefragt, auch Marilyn Monroe und schließlich Millionen Amerikanerinnen wollen Battelles Big Hair. Ein Phänomen, das dem Bouffant 60 Jahre später noch einmal beschieden ist: 2024 sitzen Frauen überall mit Fotos aus Sofia Coppolas Film „Priscilla“ oder Bildern von Kaia Gerber und Anne Hathaway beim Friseur und wollen den Bouffant light. Kein Wunder, die Frisur mogelt leicht ein paar Jahre weg. Selbst feines Haar bekommt durch Styling mit der Rund- oder Warmluftbürste bzw. Ansatz­-welle mehr Volumen, und mit etwas Struktur durch Trockenshampoo oder Texturspray erhöht sich der verjüngende Effekt sogar noch. Auf Volumen der noch extremeren Art und jede Menge Haarspray setzte Gerhard Meir Mitte der 80er-Jahre bei der jungen Prinzessin Gloria von Thurn und Taxis. Sein Glamour-Punk-Styling für ihren „Wetten, dass..?“-Auftritt brachte sie in die Schlagzeilen und machte ihn zum Darling der Münchener Schickeria.

Zum Foto: Chris McMillans Rachel Cut, 1994

Es soll Menschen geben, die „Friends“ bis heute nicht gesehen haben. Die ­Frisur, die Jennifer Aniston zum Serienstart 1994 getragen hat, ist dagegen weltbekannt. Schöpfer des fedrig-voluminösen Rachel Cuts: Chris McMillan. Seitdem stylt der Kalifornier Hollywoods A-List und hat für die Golden Globes dieses Jahr den Rachel 2.0, länger und softer, reetabliert.

Foto: Getty Images

Apropos Haarspray: Eigene Pflegelinien sind seit den Neunzigerjahren ein Tool, das Figaros nicht nur bekannt, sondern auch reich macht. John Frieda, Frédéric Fekkai, Oribe (Canales) – sie alle setzen mit Shampoo, Conditioner und Styling-Sprays zweistellige Millionenbeträge pro Jahr um, die Kundinnen außerhalb ihrer Scherenreichweite ein VIP-Gefühl geben. Pflegelinien sind die erschwingliche Alternative zu Haarschnitten, die leicht 600 bis 1000 Euro kosten können. „Ein guter Haarschnitt ist ein Investment“, rechtfertigt Fekkai in einem Forbes-Interview seine Preise, die Hilary Clinton für einen fedrigen ­Pagenschnitt oder Heidi Klum für ihren Pony zahlen. Der gebürtige Franzose steht für gesundes, bewegtes Haar, das er bevorzugt lang lässt und für das Kundinnen im Salon mehr stehen als sitzen müssen, damit Körperbau und Frisur in Balance sind. „Ich bin kein Coiffeur, eher ein Schönheitschirurg mit Schere statt Skalpell“, so Fekkai über Fekkai.

Zum Foto: Frédéric Fekkai, 2007

Er ist in der Provence geboren und hat in New York Karriere gemacht. Und was für eine! Politikerinnen, Unternehmerinnen, Stars, Supermodels – er verpasst ihnen das gewisse je ne sais quoi. Fekkai schafft keine Frisur, sondern einen Look: lässig, unkompliziert, schmeichelhaft. Und wird so zum Helden der 90er und darüber hinaus – und zum Multimillionär.

Foto: Getty Images

Frauen sind unter Celebrity-Stylisten lange kaum zu finden. „Es ist nicht leicht, ständig von schönen Mädchen umgeben zu sein“, so Odile Gilbert, zudem sei der Beruf körperlich wirklich anstrengend. Die Französin, für ihren messy chignon bekannt, mischt seit den Achtzigern auf Laufstegen und an Filmsets mit, schneidet Tilda Swinton, Cate Blanchett und Kristen Stewart die Haare und kreiert für Jason Wu und The Row ­fabelhafte, nicht unbedingt alltagstaugliche Frisuren. Während ihr ­Renommee durch Zusammenarbeit mit Fashion-Designern und Fotografen (Helmut Newton, Herb Ritts, Irving Penn) steigt, nutzen Stylistinnen in ihren Fußstapfen heute vor allem Social Media. Allen voran Jen Atkin, die zwar den Grundstein für ihren Erfolg durch die Arbeit bei Chris McMillan legt, jenem Mann, der Jennifer Aniston 1994 den Rachel Cut für die Serie „Friends“ verpasst und damit in die Annalen eingeht, vor allem aber durch ihre Auftritte und Stylings für „Keeping up with the Kardashians“ bekannt wird. So bekannt, dass sie von der New York Times 2015 als einflussreichste Hairstylistin der Welt bezeichnet wird. Ein Titel, den sie den unzähligen Posts von Kim, Kendall und Khloe, dem eigenen Digitalmagazin Mane Addicts und zwei Produktlinien verdankt.

Zum Foto: Odile Gilbert, 2019

Einen Salon hat Odile Gilbert nicht. Wer ein Styling will, ist am besten mit ihr befreundet wie Tilda Swinton, läuft für Rodarte und Jason Wu, modelt oder ist ein Filmstar. Ihre raffinierten Looks haben es bis ins New Yorker MoMa geschafft. Weil die Französin selbst nur alle fünf Monate zum Friseur geht, hat sie eine spezielle Haarnadel (odilegilbertcreations.com) erfunden, um im Alltag die Haare mit lässiger Pariser Attitüde zu bändigen.

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Mit 43 Jahren und 5,3 Millionen Follower*innen auf Instagram denkt Jen Atkin gar nicht daran, den Olymp der Celebrity-Stylisten zu räumen. Und doch fallen immer mal wieder neue Namen: Jenny Cho zum Beispiel, die bei den Golden Globes 2024 Carrey Mulligan und Greta Lee stylt und für einen entspannten Red-Carpet-Look steht. Aktuell zelebriert die gebürtige Koreanerin Softbob-Varianten, die mit den entsprechenden Styling-Tools relativ leicht zu Hause nachzumachen sind. Dafne Evangelista, Stylistin von Elle Macpherson, Jessica Alba und Emma Chamberlain, macht den Sleek Look der späten Achtziger gerade wieder populär. Straff zurückgehaltene Bobs und Half Buns reüssieren aber nicht nur auf dem roten Teppich, sondern sind die Rettung, wenn morgens keine Zeit oder der nächste Termin beim Friseur erst in acht ­Wochen frei ist. Mehr Styling als Schnitt, kann man sich damit immer helfen, egal für welche Re-Interpretationen von Bob, Shag, Pixie und Bouffant man sich 2024 entscheidet. Denn auch wenn die Celebrity-­Stylisten wechseln, ihre Frisuren bleiben.

Zum Foto: Jen Atkin, 2018

Jen Atkin leitet ein Imperium, zu dem die Haarpflege­linie Ouai, das digitale Magazin Mane Addicts sowie eine Accessoire-Kollektion gehören. Sie arbeitet in L. A., New York und Dubai und zählt Reese Witherspoon, Gwen Stefani, JLo, Emma Stone sowie den Kardashian-Jenner-Clan zu ihren Kunden*innen. Seit es Instagram gibt, nutzt sie die Plattform – und hat damit Millionen Follower*innen und Fans gewonnen.

Foto: Shutterstock

Zum Foto: Jenny Cho, 2023

In ihrem Portfolio finden sich Zeitschriften-Cover, Werbung für Dior und Red-Carpet-Looks für Scarlett Johansson, Charlize Theron, Carrey Mulligan. Der Stil der gebürtigen Koreanerin: Understatement und Akkuratesse. Ihr Handwerk hat Cho bei der Vidal Sassoon Academy in L. A. gelernt.

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Zum Foto: Dafne Evangelista, 2024

Pony und unsichtbare Stufen unterhalb des Deckhaars, das sind die Favoriten für 2024 von Dafne Evangelista. Beides lässt Frauen frischer wirken – auch deshalb schwören bei Fashion Shows in Paris, Galas in New York oder auf Events in Los Angeles Stars wie Selena Gomez, Millie Bobby Brown und Emma Chamberlain auf die temperamentvolle Alleskönnerin aus Brasilien.

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