„Esst mehr Bohnen!“

Ein Interview von Roxana Wellbrock

„Nobodytoldme“-Gründerin Susanne Liedtke (Foto: Helen Fischer)

Susanne Liedtke von der Menopausen-Plattform „Nobodytoldme“ weiß, wie man es schafft, in der Lebensmitte sein Gewicht zu halten

Die meisten Frauen über 40 bewegen sich völlig unvorbereitet auf die Menopause zu. Um das zu ändern, gründete die Hamburgerin Susanne Liedtke (Foto oben) die Plattform nobodytoldme.com. Auf der Website und im Newsletter informiert sie über die Wechseljahre, dabei liegt ihr Schwerpunkt als diplomierte Oecotrophologin auf dem Thema Ernährung, und sie kennt so schöne Vokabeln wie Phaseolamin. Dieses Protein steckt in einem überhaupt nicht neuen Superfood: der guten alten Bohne.

Frau Liedtke, warum sprechen wir eigentlich so wenig über die Wechseljahre, nicht mal mit unserer Ärztin oder unserem Arzt?

Ärzt*innen müssten vor allem Beratungsgespräche führen, weil das Thema so komplex ist. Praxen können so aber leider kaum wirtschaftlich arbeiten, weil sie zu wenig Geld von den gesetzlichen Krankenkassen für Beratungsleistungen bekommen. Wir sprechen auch insgesamt kaum über die Menopause, in asiatischen Ländern sogar noch seltener als hier. Die Generation 50+ scheint geprägt von dem Gedanken: Da musst du durch. Bei den 40-Jährigen sehe ich schon ein anderes Bewusstsein, und die Mitte 20-Jährigen sprechen sogar laut über die Periode. Das Thema Menopause wird sichtbarer werden.

Welche Rolle spielt die Ernährung in dieser Zeit?

Sie ist unser wichtigster Hebel. Eine gesunde Lebensweise verhindert nicht alle Beschwerden, aber mit ihr sind wir besser aufgestellt, wenn wir Probleme bekommen.

Welche Lebensmittel tun uns denn besonders gut?

Hülsenfrüchte wie Bohnen, Kichererbsen und Linsen. Außerdem Vollkornprodukte sowie Obst und Gemüse. Nüsse und Saaten. Weniger Fleisch, mehr pflanzliche Proteine. Es kommt aber vor allem darauf an, was man weglässt. Alle Lebensmittel, in denen Glukose schon im Produkt ist, sind nicht gut. Also alle Süßigkeiten oder weißer Reis – mit der Schale wurden ihm seine wichtigen Ballaststoffe genommen. Dabei sollten wir genau davon mehr essen.

Warum ausgerechnet Ballaststoffe?

Der Hormonspiegel kann in der Perimenopause, also den Jahren vor der eigentlichen Menopause, stark schwanken. In der Folge eines Östrogen-Überschusses kann es dann zu lang anhaltenden Blutungen kommen. Ausreichend Ballaststoffe zu essen, kann dabei helfen, überschüssiges Östrogen zeitnah über den Darm auszuscheiden.

Und was hat es mit den Bohnen auf sich?

Bohnen haben generell einen hohen Ballaststoffgehalt, und dadurch wird die zu Glukose abgebaute Stärke nur langsam ins Blut abgegeben. Das heißt, der Blutzucker schießt nicht in die Höhe, sondern bleibt stabil. So wirkt man einer Insulinresistenz entgegen, die auf lange Sicht zu Diabetes führen kann. Außerdem verursacht überschüssiger Blutzucker Bauchfett und das wiederum führt zu einer vermehrten Produktion des Östrogens Estron. Dieses steht im Verdacht, das Wachstum von Krebszellen zu fördern. Die Cannellini-Bohne enthält außerdem Phaseolamin. Dieser besondere Stoff behindert die Verdauung von Stärke. Dadurch gelangt weniger Glucose ins Blut und so dient ein Teil der Stärke den Darmbakterien als Nahrung. Jede*r von uns hat immerhin rund 39 Billionen davon und wenn wir gut zu ihnen sind, bekommen wir viel Gutes von ihnen zurück.

Sie bieten einen Body Reset Kurs an. Was macht man da?

Sie kennen sicher die Reset Taste beim Computer, mit der man ihn neu starten konnte, wenn er abgestürzt ist? So ähnlich ist das Prinzip in den Kursen. Über drei Wochen lässt man alle drei Tage etwas weg: Alkohol, Fleisch, Zucker. Dann Milch und Milchprodukte, Kaffee, Getreide oder zumindest Gluten. Zuletzt geht es um Umweltgifte, etwa in Nagellack und Parfums, die auch hormonell wirken können. Wenn die Teilnehmer*innen es geschafft haben, Schritt für Schritt auf alles zu verzichten, bekommen sie ganz viel Energie.

Viele Frauen stellen fest, dass sie mit Ende 40 zunehmen, obwohl sie nicht mehr essen als früher. Wie kann man gegensteuern?

Studien legen nahe, dass wir schon die ganze Zeit über an Gewicht zulegen: Frauen nehmen zwischen ihrem 20. und 60. Lebensjahr im Durchschnitt zwölf Kilogramm zu. Allerdings ändert sich in der Perimenopause die Körperzusammensetzung. Mit weniger Östrogen tauschen wir Muskel- gegen Fettgewebe. Meine Empfehlung: moderate Bewegung. Sie müssen keinen Marathon laufen – das führt zu Stress, mehr Cortisol und genau das wollen wir ja nicht. Mit dem täglichen Seven-Minutes-Training können Sie beispielsweise Ihren Kreislauf in Schwung bringen. Walken, Schwimmen und Radfahren sind auch gut.

„Die Generation 50+ scheint geprägt von dem Gedanken: Da musst du durch. Bei den 40-Jährigen sehe ich schon ein anderes Bewusstsein“