Die Wechseljahre machen dick - stimmt das wirklich?
Gewichtsprobleme kommen mit der Menopause? Das Problem beginnt schon viel früher, meint die Ökotrophologin Birgit-Christiane Zyriax
MAISON MADAME: Viele Frauen berichten über unkontrollierte Gewichtszunahme in den Wechseljahren. Warum spielt das eine so große Rolle?
Birgit-Christiane Zyriax: Auch wenn bei den Frauen eine individuelle Gewichtszunahme in den Wechseljahren spürbar ist, muss man sagen: Sie findet über die gesamte Gesellschaft hinweg kontinuierlich statt. Wir merken eine deutliche Zunahme der Adipositas auch bei jüngeren Menschen. Heute sind 40 Prozent der Neu-Schwangeren übergewichtig oder adipös, nach den Schwangerschaften haben sie dann oft ein noch höheres Gewicht! Und mit diesem gehen sie dann 15 Jahre später in die Menopause – und nehmen erneut zu.
„„Zentrale Adipositas ist ein Risikofaktor für Krankheiten, der in Verbindung mit Wechseljahren zusätzlich Fahrt aufnimmt.““
Es geht also um mehr als das Wohlfühlgewicht und einen kleinen ungeliebten Rettungsring um die Hüften, der irgendwie unsexy ist?
Absolut, wir reden hier über etwas, das krank macht. Und das ist auch der Speckring am Bauch! Zentrale Adipositas ist ein Risikofaktor für Krankheiten, der in Verbindung mit Wechseljahren zusätzlich Fahrt aufnimmt: Die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkte und Schlaganfälle steigt postmenopausal an, die Wechseljahre wirken hier als enormer Beschleuniger. Übergewicht fördert außerdem die Entstehung von Brustkrebs, Darmkrebs und Osteoporose.
Und warum genau nehmen wir in den Wechseljahren zusätzlich zu?
Wir nehmen zu, weil Muskelmasse sich abbaut und der Energiebedarf sinkt. Der Wegfall der Östrogene führt außerdem dazu, dass Frauen eine zentrale Adipositas entwickeln, selbst wenn sie ihr Gewicht beibehalten! Es findet eine Umverteilung statt: weg vom Muskelmasse, hin zu Fettgewebe. Der Bauchumfang wächst zwangsläufig, und dem muss man gegensteuern. Sinnvoll ist eine frühzeitige Veränderung des Lebensstils: Mehrmals die Woche Sport treiben, um die Muskelmasse aufrechtzuerhalten und Osteoporose vorzubeugen, außerdem Ernährungsumstellung um nicht zuletzt dadurch perspektivisch täglich 500 Kalorien einsparen.
Thema Ernährungsumstellung: Warum sollte sich eine 50-jährige Frau anders ernähren als eine 25-jährige?
Sollte sie nicht, denn sagen wir es so: Am besten ernähren sich sowohl die 25-Jährige als auch die 50-Jährige grundsätzlich gesund. Sinnvoll – das ist in großen Studien mehrfach belegt – ist die mediterrane Ernährung. Nicht gemeint sind Pizza, Pasta und Tiramisu, sondern viel Gemüse, Fisch, Hülsenfrüchte und Olivenöl. Kein Weißmehl, kein Süßkram, alles insgesamt stark pflanzlich basiert und mit wenig tierischen Produkten. Dadurch ist die Kohlenhydratzufuhr per se reduziert.
Kann man mit der richtigen Ernährung bestimmten negativen Eigenschaften der Wechseljahre gegenwirken, etwa einem erhöhten Osteoporose-Risiko?
Wichtig ist, vor dem Einstieg in die Wechseljahre abzunehmen und nicht mit einem erhöhten Gewicht schon zu starten. Da die Knochendichte nach der letzten Blutung abnimmt, sollte mit Krafttraining gegengesteuert werden, aber auch Calcium und Vitamin D sind wichtig. Dafür helfen calciumreiche Lebensmittel und Wasser. Da außerdem die Eigensyntheseleistung der Haut im höheren Alter sinkt, sollten Frauen in dunklen Monaten Vitamin D einnehmen.
Wenn ich also übergewichtig in die Wechseljahre komme, habe ich schon verloren?
Es ist gut, alles von Jugend an richtig zu machen, aber auch mit 40 oder 45, also zu Beginn der Veränderungsprozesse einzusteigen, ist total sinnvoll. Denn extreme Diäten und starkes Abnehmen in Wechseljahren sind nicht optimal. Man muss hier mit Bedacht vorgehen, sonst bringt man den Körper noch stärker aus dem Gleichgewicht. Aber: Die Verringerung der Adipositas kann Hitzewallungen reduzieren. Außerdem haben Ernährung und Bewegung eigenständige Auswirkungen auf Entzündungsprozesse und unterstützen den Körper in dieser anstrengenden Zeit. Viele Frauen mit starken Wechseljahresbeschwerden haben Studien zufolge ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Die Symptome durch einen guten Lebensstil zu reduzieren, zahlt sich doppelt aus!