Detox: So werden Sie die beste Version Ihrer selbst

Ein Interview von Carla Mülhens

Dr. Jan Stritzke ist ärztlicher Direktor des „Lanserhof Sylt“ (Foto: Asja Caspari)

Mehr Energie, ein Push für die körperliche und mentale Gesundheit – und Schönheit, die von innen nach außen strahlt. Dr. Jan Stritzke, Experte für Detox und Regeneration, erklärt, wie sich das erreichen lässt

Wir haben zwar gelernt, auf unseren Körper zu hören, doch manchmal nuschelt er. Dann fühlen wir uns angeschlagen, die Haut ist fahl, die Augen haben schon mehr geleuchtet. Begriffe wie Rundumerneuerung und Detox ploppen ins Be­wusstsein: Wäre es nicht wunderbar, einmal den gan­zen Organismus zu entrümpeln und Zelle für Zelle durchzuputzen – und die Seele am besten gleich mit? Dr. Jan Stritzke, ärztlicher Direktor des neuen „Lan­serhof Sylt“, ist ein Experte auf diesem Gebiet.

MAISON MADAME: Obwohl wir in einem wohlhabenden Land und äußerst komfortabel leben, fühlen sich viele Menschen sehr oft erschöpft – woran liegt das?

Dr. Jan Stritzke: Wir sind genetisch immer noch Jäger und Sammler. Unser Stoffwechselsystem hat sich nicht an das Leben von heute ange­passt. Und das bedeutet, dass der Körper alles, was er an Essen, an Energie bekommt, speichert – für schlechte Zeiten. Doch Notzeiten ohne Nahrung gibt es nicht mehr. Auch die Bewegung fehlt. Das macht uns müde und auf Dauer krank.

Die Gründe dafür sind also zu viel und zu häufiges Essen sowie Bewegungsmangel?

Und Stress! All das führt zur Überlastung unseres Systems und zur Silent Inflammation, einer unbe­merkten chronischen Entzündung. Und das schon bei jungen Menschen. Diese Entzündungen belasten un­sere Entgiftungssysteme, was den Energiemangel noch verstärkt. Und sie befördern die sogenannten Zivili­sationskrankheiten. Sie sind, das ist mittlerweile wis­senschaftlich belegt, der Motor des Alterns.

Was hilft?

Ernährungsintervention und Bewegung. Darauf basiert auch die „Lanserhof“­-Kur. Es ist wissenschaft­lich klar bewiesen, dass wiederholter Nahrungsentzug im Körper viele positive Effekte hat und letztlich das Leben verlängern kann – beim Einzeller wie beim Menschen. Ein Effekt ist zum Beispiel die sogenann­te Autophagie. In Nahrungspausen baut der Körper jene Proteine ab, die nicht mehr funktionieren und Krankheiten auslösen. Das führt zu einer Verjüngung der Zellen. Für die Entdeckung dieses Recycling­programms hat Yoshinori Ōsumi 2016 den Nobelpreis erhalten.

Die „Lanserhof“-Kur fängt wie jede Fastentherapie mit der Darmreinigung an. Warum ist das so wichtig?

Das Abführen bewirkt eine Reduktion aller Bakterien im Darm. Durch die gesunde, vollwertige Ernäh­rung werden dann überwiegend die guten Bakterien wieder angezüchtet – das Mikrobiom bekommt einen Neustart. Damit verschwindet auch die Silent Inflam­mation aus dem Darm. Die ersten Tage der Kur sind – insbesondere bei Menschen, die noch nie gefastet haben – hart. Denn wenn der Körper anfängt, seinen Stoffwechsel von der Verbrennung von Nahrungsmit­teln auf die Fettverbrennung umzustellen, kann das zu einer Übersäuerung führen. Wir bekommen Kopf­schmerzen, schlechte Laune, Albträume – die soge­nannte Fastenkrise. Nach wenigen Tagen des Fastens aber produziert der Körper beim Fettabbau die soge­nannten Ketonkörper. Diese dienen als Ersatzbrenn­stoff für’s Gehirn, wenn kein Zucker zugeführt wird. Sie machen glücklich, kreativ und sehr fokussiert. Beim Jäger und Sammler dienten sie dazu, ihn in Hungerphasen für die Jagd zu mobilisieren.

Foto: Adriano Russo

Man liest immer wieder, es gebe keine Schlacken in einem gesunden Körper, Detox sei überflüssig ...

Schlacken wie in einem alten Ofenrohr gibt es na­türlich nicht. Die Autophagie, also die Zellreinigung, kann man aber durchaus als Entschlackung der Zel­len bezeichnen. Fakt ist, dass Fasten wichtige reinigende Effekte hat. Neben der Darmsanierung und der Autophagie die Stoffwechselumstellung, die zur Sen­kung des Insulinspiegels und zur Fettverbrennung führt. Und last not least: zum mentalen Neustart.

Muss es immer eine ganze Kur sein – oder reichen einzelne Tage?

Auch einzelne Entlastungstage, an denen Sie nur Brühe trinken, sind effizient. Oder das Intervallfasten 16/8 etwa – auf Frühstück und Mittagessen folgen 16 Stunden Nahrungspause. So kommt die Autophagie, die Selbstreinigung der Zellen, in Gang. Aber nur, wenn Sie das Abendessen auslassen. Aufs Frühstück zu verzichten, bringt nichts! Denn abends arbeitet un­ser Stoffwechsel einfach nicht mehr genügend, so ent­stehen Fettgewebe. Wir wissen inzwischen sogar, dass 16/8 mit dem Weglassen des Frühstücks schlechter für den Stoffwechseleffekt ist als die klassischen drei Mahl­zeiten am Tag.

Was gibt es für hilfreiche Begleiter beim Detoxen?

Lymphdrainagen etwa aktivieren den Abfluss der Lymphflüssigkeit, damit ausgeschiedene Stoffwechsel­produkte der Zellen schneller abtransportiert werden. Basen­-Infusionen und ­Bäder können beim Entgiften die Symptome der Übersäuerung lindern.

Neben naturheilkundlichen Treatments bietet der „Lanserhof“ auch sehr moderne Therapien. Ihr Favorit?

Das IHHT, Intervall Hyper Hypoxie Training. Der Patient bekommt im Wechsel wenig Sauerstoff – wie in den Bergen auf 3000 Metern Höhe – und ganz viel Sauerstoff. So wird der Stoffwechsel aktiviert, und neue Mitochondrien, das sind die Kraftwerke der Zel­len, werden produziert. In kürzester Zeit wird man mental, aber auch körperlich viel leistungsfähiger. Die­se Therapie unterstützt perfekt die durch das Fasten bewirkten Stoffwechselumstellungen.

Welche Rolle spielt beim Essen das Wann und Wie?

Wichtig ist, immer zur gleichen Zeit zu essen. Und grundsätzlich auf das Kaiser­-König­-Bettelmann-­Prin­zip zu achten: ein gutes Frühstück, leichtes Mittages­sen, kleines Abendessen mit wenig Kohlehydraten. Denn in der Früh‘ verdauen wir am besten, abends hin­ gegen wird nichts mehr verbrannt.

Gibt es spezielle Lebensmittel, die Power geben und unbedingt auf den Speiseplan gehören?

Es kommt nicht auf einzelne Lebensmittel an, sondern auf die viel zitierte ausgewogene und frisch zubereitete Kost. Wir müssen uns bewusst machen, dass die verarbei­teten Lebensmittel mit dem vielen Zucker das Problem unserer Zeit sind.

„Es muss nicht immer eine ganze Kur sein. Auch einzelne Entlastungstage, an denen Sie nur Brühe trinken, sind effizient.“

Dr. Jan Stritzke, Lanserhof Sylt

Foto: Adriano Russo

Detox für zu Hause:
5 Entgiftungs-Booster

Unser Körper hat beim Detoxen viele Helfer: So unterstützen Sie Haut, Leber, Galle, Nieren und Atmung bei ihrer wichtigen Arbeit.

Warme Wickel
für die Leber: Feuchtwarme Tücher

Bitterstoffe
für die Galle: Brennnessel­ und Löwenzahn­tee sollen das Organ stärken und beim Fettabbau helfen.

Eine Extraportion Wasser
für die Nieren: Jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen zwei Gläser Wasser zu trinken, soll helfen, die über Nacht abgebau­ten Giftstoffe auszuschwemmen.

Bürstenmassagen
für die Haut: Eine sanfte Ganz­körpermassage mit einer Trockenbürste stimuliert die Durchblutung, regt das Lymph­system an und macht nebenbei die Haut streichelweich und angeblich sogar straffer.

Atemübungen
Liegend oder sitzend mit geschlossenen Augen langsam und bewusst ein­ und ausatmen – die tiefe Atmung kann das Stressniveau deutlich senken.