Alles Gute für die Gelenke

Ein Interview von Nicole Lauscher

Immer schön geschmeidig bleiben (Foto: Panos Davios)

Dass die Haut irgendwann nicht mehr so elastisch ist wie in unseren 20ern – geschenkt. Aber wenn mit den Jahren auch die Knorpel zwischen den Gelenken an Elastizität verlieren, kann's wirklich schmerzhaft werden. Eine Ärztin sagt, was hilft

Gelenkschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden in den Wechseljahren – und sie können extrem belastend sein, weiß Gynäkologin Dr. Daniela Paepke. Zum Glück gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sie zu lindern.

MAISON MADAME: Ursachen für Gelenkbeschwerden gibt es viele – woher weiß ich, dass die Wechseljahre dahinterstecken?

Dr. Daniela Paepke: Am besten checken sie die Symptome zunächst mit der Hausärztin ab. Sie kann feststellen, ob es sich bei den Beschwerden um Arthrose handelt – also eine Schädigung des Gelenkknorpels – oder eine Gelenkentzündung, also eine Arthritis. Auch eine sogenannte Fibromyalgie, ein chronischer Faser-Muskel-Schmerz kann dahinterstecken oder aber Long-Covid. Für jede dieser Ursachen gibt es eine andere Therapie. Sind diese Erkrankungen ausgeschlossen, ist die Gynäkologin Ansprechpartnerin: Wenn Sie in den Wechseljahren stecken, kann eine Therapie mit Hormonen helfen.

Wie setzt man Hormone bei Gelenkbeschwerden ein?

Obschon für die Gelenkbeschwerden eher der Östrogenmangel Ursache ist, habe ich gerade bei Frauen in der Perimenopause – in der die Hormone Achterbahn fahren – gute Erfahrungen mit der Gabe von Progesteron gemacht. Wenn man sich für eine Hormonersatztherapie entscheidet, dann bevorzuge ich die Therapie mit bioidentischen Hormonen. Hier kann die Frauenärztin ein Estrogen-Gel verschreiben, das man auf die Haut aufträgt – es wirkt systemisch. Wichtig ist, dass man zum Schutz der Gebärmutterschleimhaut zusätzlich dazu Progesteron oder ein Gestagen in Kapselform nimmt.

Können Sie den Zusammenhang Wechseljahre – Gelenkschmerzen erklären?

Östrogene regen die Durchblutung an und fördern so die Aufnahme von Flüssigkeit in das Gewebe. Sie unterstützen auch den Aufbau von Kollagen im Körper. Dieses Strukturprotein ist ein essentieller Bestandteil der Haut, Sehnen und Bänder. Wenn die Östrogene in den Wechseljahren abnehmen wird auch nicht mehr so viel Kollagen hergestellt. Und das kann dazu führen, dass die Gelenkstrukturen zunehmend verhärten. Gerade die Knorpel zwischen den Gelenken verlieren an Elastizität. Das macht sie empfindlicher, weniger belastbar und auch anfälliger für Schäden.

Welche Möglichkeiten gibt es neben der Hormonersatztherapie?

Für ausreichend Bewegung zu sorgen ist das wichtigste, das wir tun können, damit Knorpel und Gelenke ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Optimal sind gelenkschonende Sportarten wie Nordic Walking, Radfahren, Gymnastik oder Wassergymnastik. Auch spazieren ist gut. Wichtig ist aber, dass wir den Sport – egal für welchen wir uns entscheiden – mehrmals die Woche ausüben.

Positiver Nebeneffekt: Wir bauen Muskelmasse auf und wir verbrennen Kalorien

Beides hilft uns dabei, unser Gewicht zu halten und im besten Fall zu reduzieren. Denn Übergewicht ist ein extrem großer Risikofaktor für Gelenkbeschwerden, vor allem in den Knien. Allerdings: Mit Sport allein werden wir aber nicht leichter. Hier spielt die Ernährung eine wesentliche Rolle. Denn mit den Jahren werden unsere Fettspeicher größer und unsere Muskelmasse wird weniger. Und während unser Körper immer weniger Energie braucht, steigt gleichzeitig der Bedarf an Nährstoffen, weil der Organismus diese nicht mehr so gut aufnehmen kann.

Es kommt also darauf an, dass wir Lebensmittel essen, die uns guttun.

Genau, die wenig Kalorien haben und gleichzeitig viele Nährstoffe. Eine pflanzenbasierte Ernährung ist optimal: Viel Gemüse, Salate, nicht zu süße Früchte, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse, ungesättigte Fette. Dazu dann in Maßen Milchprodukte, Fisch, wenig mageres Fleisch – und viel Wasser. Diese Ernährung beugt auch Entzündungen vor.

Auf welche Nährstoffe sollten wir unbedingt achten?

Unsere Knochen brauchen Kalzium, Vitamin D und Magnesium. Gute Kalziumlieferanten sind Milchprodukte, Fisch und Nüsse. Letztgenannte liefern auch Magnesium – das gleiche gilt für grüne Blattgemüse, Hülsenfrüchte und Bohnen. Für Vitamin D sind Fisch, Avocados, Eier sowie Pfifferlinge und Champignons gute Lieferanten. Außerdem ist es wichtig, tagsüber viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Sogenannte Phytoöstrogene – also sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, welche den Östrogenen gleichen – stecken in Soja, Leinsamen und Hülsenfrüchten. Sie können die Ernährung ebenfalls sehr sinnvoll ergänzen.

Und was hilft akut gegen die Schmerzen?

Sofern keine akute Entzündung vorliegt, wirkt Wärme in der Regel lindernd bei schmerzenden Gelenken. Trockenbürsten regt das Kreislauf- und Lymphsystem an – am besten schon morgens im Bett nach dem Aufwachen. Auch Kneippkuren mit dem Wechsel aus kalt, heiß und kalt sind hilfreich. Wenn tatsächlich eine Entzündung vorliegt, helfen Umschläge mit Retterspitz. Tabletten mit den pflanzlichen Schmerzmitteln Teufelskrallenwurzel-, oder Weidenrindenextrakte wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend.

Und last but not least: Klassische Schmerzmittel aus der Apotheke?

Hier sollten Sie unbedingt mir Ihrer Ärztin Rücksprache halten, welches Präparat in welcher Art und Dauer der Anwendung am besten geeignet ist. Bei einer Arthrose kommt es zu entzündlichen Prozessen. Hier kann auch eine Enzymtherapie helfen. Sie unterstützt die körpereigenen Reparaturmechanismen, beschleunigt die Heilung und lindert Schmerzen. Sie sehen also, es gibt unzählige Möglichkeiten, Gelenkschmerzen zu begegnen. Die einzig falsche wäre: Aushalten und Nichtstun.

Die Frauenärztin Priv.-Doz. Dr. Daniela Paepke ist Expertin für integrative Gynäkologie und Geburtshilfe. Ihre Spezialgebiete: Naturheilverfahren, Ernährungsmedizin und Anthroposophische Medizin (Foto: © Michael Wilfling)
Buch „Ganz schön heiß“ hier von Dr. med. Daniela Paepke (ZS Verlag)