Alles geschmeidig da unten?

Ein Interview von Nicole Lauscher

Fühlen Sie sich noch rundum wohl oder sollten wir mal über vaginale Gesundheit reden? (Foto: Adriano Russo)

„Schenken Sie Ihrer sensibelsten Körperstelle die Pflege und Aufmerksamkeit, die sie verdient!“, sagt Dr. Vivien Karl, Gründerin des gleichnamigen Intimpflege-Start-ups

Trockene Hände sind spätestens seit der Pandemie ein Smalltalk-Thema. Auch trockene, empfindliche Gesichtshaut ist nichts, worüber wir nicht offen sprechen würden. Bei dem Wort „Scheidentrockenheit“ hingegen zucken immer noch alle zusammen. Wie wichtig es ist, vaginale Beschwerden nicht zu verschweigen, hat uns Dr. Vivian Karl erklärt.

MAISON MADAME: Jede zweite Frau in der Perimenopause kennt das Problem, aber nur die wenigsten sprechen über vaginale Trockenheit. Sind wir wirklich so verklemmt?

Dr. Vivien Karl: Wenn man bedenkt, dass selbst die Menstruation für so viele noch ein Tabuthema ist, verwundert es nicht, dass kaum jemand offen über vaginale Trockenheit spricht. Schließlich geht es hier um eine sehr intime Körperstelle. Aber das ist gleichzeitig ein großes Problem: Wenn ein Thema stark tabuisiert wird, führt das zu Unwissenheit. Und diese hindert womöglich daran, das Problem zu lösen.

Kann es auch daran liegen, dass Frauen ihre Beschwerden vielleicht gar nicht auf vaginale Trockenheit zurückführen?

Auf jeden Fall. Die meisten wissen, dass Schmerzen beim Sex mit Scheidentrockenheit zusammenhängen können. Aber die vaginale Atrophie – so der Fachbegriff – äußert sich nicht nur beim Geschlechtsverkehr, sondern auch in allen anderen Situationen: beim Gehen, beim Sitzen, beim Liegen. Es brennt, es juckt, es tut weh. Häufig denken Frauen in der Situation an Vaginalpilz oder Blasenentzündung. Diese können die gleichen Symptome verursachen, sie können aber auch durch die vaginale Trockenheit begünstigt werden.

Wer an Scheidentrockenheit leidet, bekommt schneller einen Pilz?

Die Feuchtigkeit in der Vagina sorgt für einen pH-Wert im sauren Bereich. Dieses Milieu verhindert, dass sich Krankheitserreger einnisten können. Wenn der pH-Wert hoch ist, bzw. die Schleimhaut trocken, haben Erreger leichtes Spiel. Das gilt übrigens nicht nur für Pilzerkrankungen, sondern auch für Harnwegsinfekte.

Apothekerin Dr. Vivien Karl (links) und Co-Gründerin Julia Huhnholz (rechts) (Foto: PR)

Umso wichtiger, etwas gegen vaginale Trockenheit zu unternehmen. Aber was hilft am besten?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Die vaginale Atrophie ist eine Folge des sinkenden Östrogenspiegels: Über die Hälfte der Frauen in der Menopause sind davon betroffen. Der atrophische Zustand kann aber auch nach einer Geburt oder während einer Brustkrebstherapie auftreten. Frauen, die die Antibabypille nehmen, können ebenfalls darunter leiden. Am besten spricht man mit der Gynäkologin darüber: Manchmal können Östrogenpräparate oder eine Hormontherapie helfen. Häufig sind aber auch hormonfreie Gels oder Cremes eine gute Möglichkeit – hier kann die Apothekerin weiterhelfen.

Was macht eine gute Intimcreme aus?

In erster Linie muss sie pflegen, dafür sind feuchtigkeitsspendende Lipide wichtig. Das Präparat sollte sie einen niedrigen pH-Wert haben. Duftstoffe haben in einer Intimcreme nichts zu suchen, finde ich. Genauso wenig Paraffine, die meiner Philosophie nach nicht geeignet sind.

Und wie sieht eine gute Intimpflege aus?

Beim Duschen schützt eine rückfettende Intimwaschlotion die Haut vor dem Austrocknen. Anschließend dann – bei Trockenheit am besten täglich – eine Intimcreme benutzen. Die Intimpflege sollte genauso zur täglichen Beautyroutine gehören, wie unsere Gesichtspflege. Schließlich ist die Vagina unser sensibelster Körperteil.

„Die Intimpflege sollte genauso zur täglichen Beauty-Routine gehören wie die Gesichtspflege“

Dr. Vivien Karl